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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Sarre, Friedrich: Frühislamische Keramik aus Mesopotamien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0067

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Gattungen in besonders reiehem
Maße zum Vorscliem gekommen.

Nebendem einfachen goldigenoder
auch bräunlichen Lüster kommt
bei den gleichen Objekten auch
mehrfarbiger Lüster (grün, gelb,
braun, violett usw.) vor. Der Höhe-
punkt in der Wirkung wird in dem
roten, sogenannten Purpurlüster,
erreicht. Da alle Lüsterkeramik
von Samarra den typischen feinge-
schlemmten, gelblichweißenScher-
ben zeigt,der auch durchschnittlich
bei der sonstigen dort gefundenen
Keramik vorkommt, nahmen wir
die Herstelluug in Samarra selbst,
eventuell in Bagdad oder in einem
anderen Orte Mesopotamiens, den
wir nocli nicht kennen, an. Wenn
der Ausdruck »Samarra-Keramik«

r.. ■■ ... . • ^ r,. r Abb. 4. Grünglasierter Teller aus chinesischem Steinzeug

fur diese Justnerte I onware auf- ^ ö „ ,. b

lslamische Kunstabteilung;, Berlin

gekommen ist, so liegt das daran,

weil sie, in Samarra in größerer Menge gefunden, hier zuerst die Aufmerksamkeit
in besonderem Maße erregte. Abb. 5 gibt einen m. W. noch nicht veröffentlichten
Henkelkrug wieder, der in braunem und gelbem Lüster auf milchweißem Grunde be-
malt ist; das im Art Institute von Chicago befindliche imposante Stück zeigt in einem
besonders gut erhaltenen Exemplar die cliarakteristische Dekoration, wie wir sie aus
Scherben von Samarra und Susa kennen 1.

Besonders interessant ist die in Susa und vor allem in Samarra in großen Mengen zu-
tage gekommene keramische Gattung, die sich als Nachahmung des chinesischen
porzellanartigen Steinzeugs mit grünen und braunen Überlaufglasuren und
eingeritzter Musterung erwiesen hat. Im Palast von Samarra liaben sich in zahlreichen
größeren Tellern und Schüsseln Beispiele der nach Westen importierten Vorbilder er-
halten. Daneben fanden sich liier auch Reste von besonders zartenund besonders reizvoll
dekorierten ostasiatischen Gefäßen der gleichen Gattung, deren schönstes Beispiel die
Reste eines kleinen Tellerchens mit Pfauendekor bilden (Taf.XXIII, 10; Abb. 134). Seit
kurzem besitzen wir in Berlin zwei intakte analoge Stücke, die nachweislich aus China
stammen, zwei Tellerchen, von denen eins (Abb. 6 r.) sich in der Sammlung Walter
Bondy befand und von Herrn Dr. Ilans Wendland in Lugano, das andere (Abb. 6 I.) von
Mr. CoIIins in Peking gesclienkt wurde. Letzteres soll in der Provinz Schensi, drei
Tagereisen westlich von Hsianfu gefunden worden sein.

Wir kehren noch einmal zur Lüsterkeramik von Samarra und Susa zurück. Koechlin
hat im VIII. Kapitel seines Buches eingehend und ohne Voreingenommenheit das Pro-
blem der Erfindung des Lüsters behandelt, über das die Ansichten bekanntlich aus-
einandergehen. Der ägyptischen steht die asiatische These gegenüber, die sich ihrer-
seits wieder in eine mesopotamische und eine persische teilt 2. Die bekannte Stelle des

1 Die Abbildung verdanken wir Mr. Charles Fabens Kelley, Curator of Oriental Art am Museum
in Chicago.

Für Ägypten treten vor allem Butler, a. a. O., Gallois (Arethuse, Octobre 1928 und Burlington
Magazine, Oct. 1928, p. 196 ff.) und F. R. Martin (ebendort, Aug. 1928, p. 91; Lustre on glass

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