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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Sarre, Friedrich: Frühislamische Keramik aus Mesopotamien
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0069

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Marcais vermutet, daß vondenbeiden stilistischübereinstimmenden Typen die reicheren,
polychrom bemalten Lüsterfliesen die importierten, die einfacheren die an Ort und Stelle
gefertigten seien. Wir haben also liier ein Beispiel dafür, daß die Töpfer ihre Kunst-
fertigkeit von dem ursprünglichen Sitz ihrer Tätigkeit nacli anderen Örtlichkeiten
übertrugen. Die enge stilistische und technische Ubereinstimmung zwischen den
Kairouaner Fliesen und der Lüsterkeramik von Samarra glauben wir in unserer »Keramik
von Samarra« zur Genüge nachgewiesen zu haben. Die durch M. Raphael a. a. O. ge-
äußerte Vermutung, daß die Aufgahe von Samarra im Jahre 885 mit der Abwanderung
der dortigen Töpfer in Zusammenhang stehen könnte, hat viel fürsich. Ebenso wie die
Töpfer von Bagdad oder Samarra nach dem Westen, nacli Tunis und nach Ägypten,
gingen, so mögensie auch im Osten, in Persien, gearbeitet liaben, überall in der gleichen
Technik, sichaber im Muster dem Geschmack ilires neuen Tätigkeitsgebietes anpassend.
So würde sich auch, wie wir ausführten (Samarra, S. 57), die Vorliebe für figürliclie
Motive in der persischen Lüsterkeramik im Gegensatz zu den fast rein ornamentalen
Mustern in Samarra, am Sitz des Kalifats erklären, wo, wenn gelegentlicli doch ein-
mal diese Regel durclibroclien wurde, eine strenge Stilisierung eintrat, die das figür-
liche Motiv verscldeierte und fast unkenntlich machte 1.

Die erwälmten Veröffentlichungen über Samarra, Susa und Kairouan liaben für die
frühislamische Keramik feste Anhaltspunkte gegeben. Es wäre gut, wenn man fürs
erste weniger polemisieren und für eine weitere Klärung der Zusammenhänge neue
Einzeluntersuchungen und neue systematische Ausgrabungen abwarten wollte.

1 So augenscheinlich bei der bekannten Adlerschüssel (Samarra, Taf. XIII); der Vermutung von
Gallois (a. a. O., p. 14), daß hier kein stilisierter Adler, sondern eine Kanne mit einem Adlerkopl
an der Halsmündung wiedergegehen sei, kann ich mich nicht anschließen.

Abb. 6. Chinesisches Steinzeug: Boden eines grünglasierten Schälchens (oben). — Zwei Teller
mit griinen und braunen Überlaufglasuren (unten) Islamische Kunstabteilung, Berlin

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