Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI issue:
Heft 2
DOI article:
Rundschau
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0082

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Edwin Scharff Frauen am Meer. Relief. Bronze. 1927

Ausgestellt in der Kunsthandlung Paul Cassirer, Berlin

BERLINER AUSSTELLUNGEN

Ernst Barlach / Edwin Scharff / Ericli

Klossowski / Werner Scholz / Staatspreis-

Ausstellung der Akademie
Der Beginn (les Ausstellungsjahres 1980 stelit, was
Berlin betrifft, im Zeichen der Plastik. Den sech-
zigjährigen Barlach ehrt eine wohlgewählteYer-
sammlung seiner Iiolzbildwerke im Hauptraume
der Akademie. Es wiederholt sich der aulJer-
ordentliche und ergreifende Eindruck einer Ge-
stalter-Persönlichkeit, die ihre eigenste Welt aus-
zuiragen hat. Deren Schaffen, in der Vortrags-
form fast ungewandelt und von wechselnden
Strömungen nicht angefochten, Yollzug ist eines
einzigen Vernehmens stummer Stimmen, das Her-
vortretenlassen einer chorisch zusammengehörigen
Sippe endgültiger Figurationen, in denen sich die
Legende des Menschen verkörpert. Man hat nahezu
alle diese Gestaltungen sclion beisammen gefun-
den; nur wenige waren weniger vertraut, die Grup-
pen der »Ruhe auf der Flucht« und des »Wieder-
sehen«'aus dcm Schweriner Museum vor allem.
Und man wird sie immer wieder so beisammen
wissen, diese eigentümlich gedrungenen Holzlaibe,
die erschauernde und wutentbrannte, sackschwer
ruhende und ahnungsvoll entrückte, notdumpfe
und von Gelächtern klirrende Einsamkeit in sich
fassen wie kaum Gebilde je zuvor. Sie sind eins
und bleibende Begegnnng.

Die Kunsthandlung Paul Casirer zeigt neben
ihrer Ausstellung französischer Acpiarclle und
ZeichmmgenneueArbeitenvon EdwinScharff.
Dieser Plastiker kann schon in gezeichneten Ent-
würfen, in kühn und leuchtend angelegten Far-
benskizzen von Menschenpaaren, Reitem arn Meer
die Größe seiner Auffassung, seinen Sinn für
Adel der Kurve und Musik der Verschränkung,

56

seine innere Abstammung von griechischer Klas-
sizität bezeugen. Den Bildner bedeutenden For-
mats erweisen Porträtbüsten, elwa die überaus un-
mittelbare und dabei vergültigte Ileinrich Tesse-
nows, erweisen kleinere Formungen wie der sehr
geläuterte Terracotta-Torso von 1927 nicht min-
der unverkennbar als die beiden Kolosse, die sie
hier umringen. Des einen kompositorische Idee
der riesigen Stehenden über der viel kleineren lle-
lieffigur einer Liegenden will mir weniger ge-
glückt erscheinen; imponierend hingegen die mäch-
tige Gruppe Sichumfangender in ihrem Ausgleich
von Statik undWendung, einMal freier undsiche-
rer Zusammengehörigkp.it, deren Ralimen Abwei-
chung einbegreift. Sehr schön auch wieder in ihrer
welligen Bewegtheit, im Zurückweichen der Form
zur mitvibrierenden Grundplatte dic Reliefs.

Die Landschaftsbilder, zumeist aus der Provence,
von Erich Klossowski, denen die Kunsthand-
lung V. Hartberg Raurn gibt, ziehen die Summe
andächtigen Wissens um die großen Errungen-
schaften der Maler, die sich zuvor in dieser Natur
fanden. Sie erstreben keinerlei widertraditionelle
Eigenheit, um doch, wie sie sich mit farbigeni
Dunste erfüllen, wie sie Mattglanz des Südens über
die Weite fließen lassen, ihr Wesen neben nll dem
Unerreichbaren zu bewährheiten, das hier Vorbild
und Maßstab ist. Besonders zu schätzen die silber-
blau durchschmolzenen, traumhaltigen Blicke über
die Ebene des Wassers der Sanarybucht.

Die Kunststube gibt Gelegenheit, wieder auf
Werner Scholz aufmerksam zu werden und
nachdrücklich auf ihn hinzuweisen. Seine diister
funkelnde, unheimliche Satire, die nicht abläßt.
den Albspulc verblakter und vermotteter Mitge-
schöpfe aus den Schlupfwinkeln abgründiger Sub-
alternität zu scheuchen und für diesen Gespen-
 
Annotationen