Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI Heft:
Heft 6
DOI Artikel:
Erdmann, Kurt: Zur Frage der ältesten orientalischen Teppiche
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0179

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Bordüre. Die Art der Beschädigung und die Endungen der oberen und unteren Bordüren
legen die Vermutung nahe, daß er ursprünglich vior, vielleicht sogar sechs Felder um-
faßte. Im ersteren Falle hätte er quadratisches Format gehabt, wie es gelegentlich
in späterer Zeit Teppiche der türkischen Hofmanufaktur und eine Gruppe der so-
genannten »ägyptischen« Teppiche zeigen. Im zweiten Fall hätte er ursprünglich
Querformat gezeigt, eine Anordnung, die sich aus späterer Zeit nicht nachweisen
läßt, ja die dem an klassischen Teppichformen geschulten Auge höchst befremdlicli
erscheinen muß. Trotzdem machen manche der Wiedergaben dieser Teppiche auf
itaJienischen Bildern für sie ein Querformat wahrscheinlich, so daß man annehmen
muß, daß die Längsorientierung, die alle späteren Gatturigen zeigen und die nur aus-
nahmsweise einmal auf quadratisches, also richtungsloses Format reduziert wird, sich
bei den Teppichen des 13. und 14. Jahrhunderts noch niclit durchgesetzt liat, die also
in beiden Richtungen orientiert sein können. Trennt diese Tatsache den Berliner
Teppich schon aufs schärfste von allen anderen, späteren Gattungen, so ist auch die
quadratische Felderteilung nicht weniger eigenartig. Auch spätere Teppiche kennen
eine geometrische Aufteilung des Innenfeldes, die jedoclr immer von einem rauteir-
förmigen Schema ausgeht und keinerlei Verbindung mit der fliesenartigen Quadrierung
des Berliner Teppichs und seiner Verwandten auf italienischen Bildern zeigt. Eine
Ausnahme nracht nur eine Gruppe
aber gleichfalls bis ins 13. Jahrlrun-
dert zurückreicht und ihr Muster
wolrl derselben Quelle entlehnt, wie
die frülren nur aus bildlichen Dar-
stellungen bekannten Tierteppiche,
die mit dem 13. Jalrrhundert aus-
sterben.

Erst vor kurzem hat sich zu dem
Berliner Teppich ein zweiter ge-
fünden, der bei aller Verwandt-
sclraft itr mancher Flinsiclrt Neues
bringt. Er stammt aus einer kleinen
Kirche in Marby im lämtland
(Schweden) und Jrefindet sich heute
im Statens Historiska Museet zu
Stockholm (Abb. 2). Er wurde erst-
malig publiziert von Vivy Sylwan
in Ur Forvännen 19245 eine ein-
gehende Besprechung erschien fer-
ner 1928 im zweiten Bande der
»Altorientafischen Teppiche« von
F. Sarre und H. Trenkwafd. T)a
er einige eigenartige Züge auf-
weist, wurde anfangs sein orienta-
lischer Ursprung von verschiedenen
Forschern angezweifelt, bis eine
technische Untersuchung von Prof.

E. Flemming, Berlin, ergab, daß er
mit dem Berliner Teppich nicht
nur im Allgemeinen, sondern auch
in einer Reilie sonst nicht nach-

unter den sogenannten »Holbein«-Teppichen, die

Abb. 2 Orientafischer Knüpfteppich um 1400

Statens Historiska Museet, Stockholm

153
 
Annotationen