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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 7
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0229

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großer Feinheit sind, und auch die psychische
Seite dieser Geschöpfe — soweil davon bei ihnen
die Rede sein kann — den flüchtigen Ausdruck
auf den gemalten Puppengesichtern weiß er zu er-
haschen. Er ist nie grob oder roh oder boshaft, er
iibertreiht auch nicht, trägt nie dick auf, steigert
niclit zu gehässigen Karikaturen, sondern es bleibt
bei ihm alles gefälliger Schein, anmutiges Spiel.
Was man ihm höchstens einmal verargen könnte,
ist, daß er zuweilen im Skizzenhaften stecken-
bleibt. Ein anderes Mal gibt er sich dann aber auch
wieder die Mühe, eine feine, geistreiche, weibliche
Silhouette ausführlich-liebevoll wiederzugeben, wie
in dem Bildnis von Frau Noto Soeroto. Ein zeich-
nerisch sehr sorgfältig durchgefiihrtes Werk ist
der bewegliche, kluge Kopf des Professors Wiers-
ma. Durch den Ausdruck fesselt auch das nach-
denkliche Porträt einer bekannten Schauspielcrin
(Fie Carelscn). Einige kleine weibliche, zutn Teil
verwegene Akte sind von großer Delikatesse; in
einer großen liegenden weiblichen Nacktfigur,
vor warmgelbem Stoff und auf blauer Decke ist
in der flächigen Behandlung und der sparsamen
Palette der Einfluß Manets unverkennbar, aber im
übrigen steht er den Dingen selbständig gegenüber
und notiert unbefangen seine Eindrücke.

Er isl in der ganzenWelt zu Hause, in London, auf
Java und ain Strande des Lido, ein nervöses, leicht
empfängliches, im Augenhlick lebendes Tempera-
ment, von hoher malerischer Kultur — und das
ist sein holländischer Einschlag—eipKünstler, dem
der bunte, wechselndeSchein lieb ist und der in dieser
Beschränkung sich als Meister zeigt. M.D.IT.

BERLINEll AUSSTELLUNGEN

Rheinische Sezession / Zygmunt Menkes /

FelixNussbaum/VereinderKünstlerinnen/

Alfred Knispel

Die Rheinische Sezession, auf Austausch-
besuch bei der Berliner Schwester, bestätigt mit
aller Deutlichkeit, daß es hierzulande so etwas wie
ein liauptstädtisches Monopol auf künstlerische Le-
bendigkeit niclit gibt. Der geringschätzige Begriff
»Provinz«, aucli sonst häufig mißbraucht, er-
scheint unanwendbar bei der evidenten Fähigkeit
der meisten Reichsgebiete, Begabungen geistig zu
beheimaten und zugleich den allgemeinen Inten-
tionen und Gegenwartsstimmungen anzuschließen.
In keiner ITinsicht erweckt diese Ausstellung den
Eindruck kantönliliafter Abgesperrtheit und loka-
ler Inzucht, — sie erfreut gerade durch ihr fri-
sches Klima, durch einen generellen Zug unbevor-
mundeter Angeregtheit, durch die gute Quote selh-
ständigen Eingehens auf allerlei Vorschläge der
künstlerischen Diskussion. Daß sich ein rheini-
sches Spezifikum kaum erkennen läßt, sollte nicht
enttäuschen; die Kunst ist jeder föderalistischen
Eigenartsgeographie längst entwachsen. Als mar-
kanteste Erscheinungen der Gruppe werden Jan-
kel, Adler, Curt Georg Becker, Ludwig ten Hom-
pel, Robert Pudlich, Will Tschech wahrnehmbar.
Man wünscht sich Gelegenheit, ihrem Schaffen
näher treten, ihre Besonderheit präzisieren zu kön-
nen. Weiter sind es etwa Ilundts Möbelgespenster,
Tappesers mildsonniges Südfrankreicli, die strei-
fig geschichtete Treibjagdlandschaft von Marx, die
rührepd-amüsierlich und bauernbunt erzählten Bi-

16 Der Cicerone, Jahrg. XXII, Heft 7

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