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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 9
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Schneid, Otto: Amédée Ozenfant, der Maler des Purismus
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0283

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Abb. 4. Amedee Ozenfant Komposition

Museum Chicago

In den frühen Bildern erscheint Ozenfant als ein Suchender und die Auseinandersetzung
mit dem Kubismus für seine Entwicklung wesentlich; seit 1919 nähert sich seine Kunst
dem gewaltigen Maßstab seiner theoretischen Forderung. Die in diesem Jahre ent-
standene Komposition (Abb. 1) aus einer Gitarre und zwei Flaschen ist wohl die erste
eigentlich puristische. Über die schon hier eingeschränkte linearperspektivische Räum-
lichkeit und über den charakteristischen Schatten, den die drei Gegenstände ganz nach
den llegeln der darstellenden Geometrie an die Wand werfen, kommt der Künstler in
den folgenden Jahren zu einer Anordnung (Abb. 2), welche die Gegenstände aus dem
wirkliclikeitsnahen Raum in einen abstrakteren Bildraum rückt; das modellierende
Helldunkel wird, wie etwa an den Kannelüren der Flasche, auf eine Andeutung be-
schränkt, wir sehen die Öffnung des unserem Auge gegenübergestellten Glases im
Sinne einer auf das primitive Maß zurückgeführten Perspektive; eine ungemein wohl-
tuende, der Monochromwirkung angenäherte Harmonie reiner Farben verbindet sich
mit einem Formeneinklang, der nur noch geringer Steigerung fähig ist (Abb. 5). Hier
ist in äußerster Einschränkung der Mittel strengster Aufbau, ganz befriedigendes Gleich-
gewicht und vollkommene Bildhaftigkeit erreicht. Das Rad der Kunstgeschichte läuft
gewiß richtig, da Errungenschaften, die einmal die wichtigsten waren, Perspektive und
Modellierung, bewußt wieder vollends rückgebildet werden; ganz flächig, ja raumlos
schauen wir die in sich selbst gefestigte Erscheinung. Dieser geschlossenen Form steht
in Abb. 4 die offene gegenüber^ in asymmetrischem, reicherem Aufbau wird eine nicht
geringere Klärung erreicht; die Raumlosigkeit des Bildes wird als Raumunendlichkeit
fühlbar.

Seit zwei Jahren finden wir Amedee Ozenfant im Dienste der menschlichen Gestalt,

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