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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Junius, Wilhelm: Friedrich der Grossmütige in der Gefangenschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0359

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Unbekannter Löwener Kurfürst Johann Friedrich der Großmütige v. Sachsen mit einem

Meister um 1547—48 spanischen Hauptmann in der Gefangenschaft Schach spielend

Gotha, Gemäldegalerie des Herzogl. Museums

charakteristischen Künstler behaupten kann, so erinnern die beiden Bildnisse auf Lukas
Cranach d. J. Altarwerk in Schneeberg an diese Lutherbilder, desgleichen ein Bild in der
Gothaer Galerie (Kat.-Nr. 569), das den Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen beim
Schachspiel mit demHerzog Ernst vonLüneburg darstellt. Bei der Restaurierung mußte
die Bezeichnung auf der Rückseite, ein Monogramm aus P. V. I. verschlungen und faciebat
samt der Jahreszahl 1549 verlöscht werden. Manhat es aber auf einZettelchen kopiert und
dahinter geklebt. Den Jahreszahlen nach liegendieseBilderfreilichweit auseinander.Usw.«

Zunächst ist nicht ersichtlich, weshalb Schuchardt die Gothaer »Schachspieler« als ein
Werk der Cranach-Schule aufführt, da der stilistische Charakter des Bildes nicht ein-
mal in homöopathischer Yerdünnung eine Abhängigkeit von Cranach erkennen läßt.
Schwere Bedenken erweckt auch die angebliche Signatur P.Y. I. 1349. Die Durch-
forschung des Ernestinischen Gesamtarchivs zu Weimar, das doch ziemlich lückenlos
alles birgt, was uns bezüglich der Künstler und Kunsthand werker sowie hinsichtlich Aus-
stattung der Schlösser wesentlich sein muß, förderte weder einen Peter Yischer oder
MonogrammistenP.V. I. von 1549 noch unter den notariellen Inventaren von 1567 und
1572 ein Gemälde »Kurfürst Joliann Friedrich und Herzog Ernst von Lünehurg beim
Schachspiel« zutage. Auch befindet sich unter den mir zur Zeit bekannten 29 Cranach-
Schülern und -Epigonen ein Meister Peter Vischer nicht, wie denn auch der Charakter
des Gothaer Bildes unverkennbar nichts vom Charakter der Cranach-Schule zeigt, hin-
gegen das stilistische Idiom zweifellos niederländische und nicht obersächsische Klang-
farbe hat. Worauf Schuchardts Angabe fußt: »Kurfürst Johann Friedrich und Herzog
Ernst von Lüneburg« ist nicht ersichtlich, da doch der Partner des Kurfürsten in
spanischer Offizierskleidung dargestellt ist und auch seinem Typus nach unbedingt als
Spanier charakterisiert ist. Doch werden etwaige Zweifel sofort beseitigt, wenn man
in den umfangreichen Aktenfaszikeln aus dem Exil des Kurfürsten in Antwerpen und

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