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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 12
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Freund, Frank E. Washburn: Die Detroiter Rembrandt-Ausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0362

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DIE DETROITER REMBRANDT-AUSSTELLUNG

VON FRANK E. WASHBÜRN-FREUND

Niemals noch ist in Amerika Rembrandt eine solche Ausstellung gewidmet worden
wie die in Dctroi L; fast achtzig Gemälde und als Ergänzung auch Handzeichnungen
und Radierungen sind zu sehen. Mit ihr hat Dr. Valentiner seine bisherigen bedeuten-
den Veranstaltungen noch um Vieles übertroffen. Etwa die Hälfte aller in Amerika
sich befindenden Gemälde, darunter mit die hervorragendsten seiner Spätzeit, sind ver-
sammelt. Die Ausstellung hat weit über die Grenzen Amerikas hinaus hohes Interesse,
denn sie zeigt, wie die amerikanischen Sammlungen angewachsen sind.

Gemäß dem Geschmack der hiesigen Sammler überwiegt das Bildnis. Von religiösen
Themen sind nur drei zu sehen: die feine »Heimsuchung« des Detroiter Institutes
selber, der farbenwarme »Christus mit der Samariterin« aus der W. R. Timken-
Sammlung in New York und die große »Beweinung Christi« aus dem John Ringling-
schen Museum jn Sarasota. Ein paar andere Bilder, wie der gewaltige »Heilige Bar-
tholomäus« der Sammlung Henri Goldman und der harfenspielende »König David«
des Mr. Albert Keller knüpfen noch an ein religiöses Thema an, sind aber doch mehr
Pbantasiebildnisse. An Landschaften wird noch die »Taufe des Eunuchen« von der zu-
nächst eine feine Federzeichnung zu sehen ist, als Leihgabe der Matthiesen-Galerie
aus Berlin erwartet. Bedauerlich, daß Mr. Widener weder seine herrliche Landschaft
»Die Mühle« noch seine ü'berwältigende »Kreuzigung« nach Detroit gesandt hat,.
Schmerzlich vermißt man auch den sogenannten »Polnischen Reiter« aus der Frick-
Sammlung.

Aus der Frühzeit sind mehrere Bilder vorhanden; so vor allem »Rembrandts Vater« aus
dem Jahre 1629, noch in Leiden gemalt, aus der Sammlung des Mr. Paul M. Warburg,
New York, sodann der »Aristoteles« aus der Sammlung des Mr. A. W. Erickson und
der harfenspielende »König David« fallen auf.

Die dreißiger Jahre sind mit vielen glanzvollen Werken des fast zum »Modemaler«
aufgestiegenen jungen Meisters vertreten. In einem Bilde, in dem er seine junge Saskia
als Flora darstellt, verliert er sich fast ganz und malt sie als reizendes Dämchen bei-
nahe in Pastellmanier! Aber selbst in dieser Periode, in der der Aufträge viele waren,
und darunter sicher manche, die ihm nicht »lagen«, greift er nie zum Schema. In
jedem dieser Bildnisse setzt er die Figur anders in den Raum. Trotzdem die meisten
Werke Bildnisse einzelner Personen sind, kann man Rembrandt hier auch als großen
Komponisten studieren.

Es kommen die Jahre allmählicher Verdüsterung, das Schicksal hat ihn unsanft an-
gepackt. Eines der etwa zwölf späten Meisterwerke auf dieser Ausstellung ist immer
schöner und gewaltiger als das andere. Da ist der Standartenträger der Jules Bache-
Sammlung, so stolz und auPrecht- mehrere Bildnisse seines Sohnes Titus; sein eigenes
Bildnis mit den großen, fragenden, aber dem Schicksal trotzenden Augen (Sammlung
Andrew W. Mellon)- der »Betende Pilger«, ehemals in der Konsul Weber-Sammlung in
Hamburg, von einerDurchgeistigung sondersgleichen(SammIung des Mr. John N. Willys);
das Bildnis der Frau des Titus, ehemals im Colmarer Stadtmuseum, mit dem herrlichen,
noch einmal aufleuchtenden, satten Rot des Gewandes in strahlenden Farben (Samm-
lung Max Epstein, Chicago); das Sir Joseph Duveen gehörige Knabenporträt, von
vibrierendem Leben erfüllI- die »Lucretia«, fast eine Geistererscheinung in schim-
merndem Weiß. Und dann zum Schluß jene unfertig gebliebene Segnung des Christus-
kindes durch den blinden, sich den Tod und die Ruhe lierbeisehnenden Simeon.

Wer diese Ausstellung gesehen, wird sie nie vergessen können. Dr. Valentiner hat sich
mit ihr ein Monument errichtet.

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