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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 15/16
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Hugelshofer, Walter: Die altdeutschen Bilder der Sammlung Schloss Rohoncz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0441

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Das Bild dürfte um 1518 entstanden sein. Es ist das einzige oder doch das erste bisher
bekannt gewordene Bildnis des Meisters. Auch auf diesem Gebiet, dessen Beherrschung
man ihm vielleicht niclit so ohne weiteres zutrauen mochte, erweist er sich als ein
hochbegabter, kühner Einzelgängei’, der jede Aufgabe neu anpackt. Es ist gewiß das
schönste und iiberraschendste, am längsten nachwirkende Bild der Abteilung, und wäre
einemWerke der ganzen Rohoncz-Sammlung die Krone zu geben, so stünde dies wohl
in erster Linie. Das ist keine bloße getreue Abschrift eines gegebenen Tatbestandes.
Das ist ein dichterisches Kunstwerk, in dem das ganze Wesen des Menschen in allen
Formen mitschwingt. Wie einfach und natürhch und wie bezaubernd ist die ganze
»Aufmachung«. Kein repräsentativ hergerichtetes Staatsstück. Und doch eines der
repräsentativsten deutschen Bildnisse überhaupt.

Die Rohoncz-Sammlung besitzt in den (zusammengefügten) Flügelchen mit der Dar-
stellung des Sündenfalls außen und den Bacclms- und Marsszenen innen auch eines der
besonders seltenen Spätwerke des Meisters, die großenteils erst in den letzten Jahren
bekannt geworden sind. Die Formen sind aufgeweicht. Das Malerische dominiert das
Zeichnerische, wie wir es z. B. von der stilverwandten Madonna von 1531 inWien her
kennen. Die Figuren der fnnenseiten stehen in dichtem Gedränge und in fließender
Gruppierung ohne harte Konturen. Das ebenfalls aus dem Nordtirol stammende Bild
dürfte um 1530 entstanden sein. Es ist für die geistige Veraniagung der beidenKünstler
aufschlußreich die psycbologisch eigenartige Fassung des Adam und Eva-Motivs mit
Dürers Stich zu konfrontieren.

Das kultivierte Frauenbilnis aus Fuggerschem Besitz gibt einen guten Eindruck von
der gesellschaftlichen Porträtkunst Ambergers. Überlegener Takt und kühle Zurück-
haltung bringen ihn Holbein nahe.

Augsburger Kunst repräsentiert ferner die eigenartige Beweinung, die KarlFeuchtmayr
dem älteren Ulrich Apt zuwies. Einer der wenigen Fälle von unmittelbarer Ein-
wirkung des niederländischen Manierismus auf die oberdeutsche Kunst. Merkwürdig
kontrastiert zur erregten Aktion der übrigen Figuren die statuarische Geschlossenheit
des mantegnesken Johannes.

Die bedeutende, große Darstellung des Sündenfalles aus der Sammlung von Bissing
illustriert vortrefflich die besondere Note, die der reich veranlagte Hans Baldung in
das Bild der deutschen Malerei trägt. Das külil Gekonnte und Artistische, das dieser
sichereTechniker auch in sich schloß, kommt hier Mabuse nahe. Um diesen wirklich
originellen, psychologisch ungemein reizvollen und nicht allgemein nach Verdienst ge-
schätzten Künstler in seiner ganzen Spannweite zu zeigen, dürfte das Porträt und das
Kirchenbild nicht fehlen. Auch auf diesen Gebieten leistete er Außergewöhnliches.
Die Adam und Eva-Tafel darf man unter die Hauptwerke der Sammlung und der
deutschen Malerei überhaupt zählen.

Barthel Bruyn ist mit vier Bildern, drei charakteristiscben und charaktervollen Bild-
nissen und einer Weihnacht im Geschmack des Joos van Cleve reichlich vertreten.
Daß es möglich war, von Burgkmair, der kaum mehr im Handel vorkommt, ein
Werlc zu erwerben, ist besonders erfreulich. Karl Feuchtmayr wird demnächst aus-
führlicher über die mit Bedacht komponierte Grablegung (Abb. 1) berichten, die, wie
er feststellte, die Predella des von Peutinger 131g gestifteten, nun in der Alten Pinako-
thek befindlichen großen Kreuzaltares ist. Sie dokumentiert die glänzende Begabung
dieses unproblematischen Meisters aufs beste.

Das interessante Doppelbildnis des Koloman Helmschmid aus dem Palazzo Giovanelli
in Venedig zerfällt stilistisch deutlich in zwei Teile. Auf Grund der Untersuchungen
von Ernst Buchner über Jörg Breus Frühzeit läßt sich das wohlerhaltene, farbig schöne
Frauenbildnis mit Sicherheit dem eigenwilligen und knorrigen Breu zuweisen, zu

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