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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 15/16
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Hugelshofer, Walter: Die altdeutschen Bilder der Sammlung Schloss Rohoncz
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0444

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Frauenporträt könnte dem wenig größeren Bildnis des H. Melber von 1526 in der Alten
Pinakothek nahestehen. — Die schöne, große Quellnymphe aus dem Besitz Wilhelm
Trübners rundet das Bild von Cranaclis Kunst zu einem zwar nicht überraschend starken,
aber doch zu einem angemessenen und ansprechenden Ganzen ab.

Mit der Zuweisung des wie eine Großaufnahme wirkenden Fragmentes (Abb. irn letzten
Heft des Cicerone) an die biederen Brüder Dünwege tut man ihnen zu viel Ehre an.
Ich bin mit Max J. Friedländer der Ansicht, daß der Meister des eindrucksvollen Bildes,
zu dem ein weiteres Teilstück in England und mit weniger großer Sicherheit auch
das Gerichtsbild in Wesel gehört, von den Dünwege zu trennen ist, und glaube, daß der
Maler ein Niederländer war, der dem zeitweise in Köln tätigen Anno-Meister nahestand.
Übrigens ist das Kapitel Dünwege reif für eine Neubearbeitung. Der Urheber der
etwas locker zusammengefügten Bildergruppe hat wohl anders geheißen.

Den Autor des probeweise dem Ambros Holbein zugeschriebenen Jünglingsbildnisses
möclite ich am ehesten in Augsburg suchen. Die feinmalerische Farbstruktur erklärt
sich weitgehend aus dem pergamentartigen Malgrund. Dergleichen könnte dem
jungen Amberger Eindruck gemacht haben.

Die in der letzten Nummer dieser Zeitschrift als Farbtafel reproduzierte Himmelfahrt
Mariae des sogenannten Koerbecke wirkt in dieser Umgebung durch den ernsten
Ausdruck und die kostbaren farbigen Qualitäten ungemein stark und gehaltvoll.

Das frühe Frauenporträt des Hans Maler von 1312 ist für die stilgeschichtliche Ab-
leitung des Meisters wichtig. Es hat über diese kunsthistorische Stellung hinaus einen
herben Reiz im Ausdruck und in den kräftigen Farben.

Buchners Lokalisierung des interessanten Evangelistenaltars von 1478 aus der Sammlung
Streber auf die Oberpfalz (was nicht unbedingt gleichbedeutend ist mit Regensburg)
ist einleuchtend. Sollte sie sich hestätigen, so wäre damit ein wertvoller Anhaltspunkt
gegeben zur Fixierung weiterer Werke. Von der Hand des gleichen putzigen und nicht
unoriginellen Meisters ist jedenfalls das Porträt eines Geistlichen von 1484, jetzt als
.Tan Pollack bei Knoedler in London.

Das Porträt eines jüngeren Mannes mit einer Schriftrolle in der Hand halte ich für
niederdeutsch (Abb. im letzten Heft des Cicerone). Nicht nur wegen der immerhin
nicht zu vernachlässigenden Herkunft aus dem Museum in Lüneburg, das nur ein-
heimisches Kunstgut enthält, sondern wegen der ganzen künstlerischen Haltung. Da
ist die gedämpfte Farbenskala der Niederdeutschen: steingrau, graulila, kein heller
Ton, alles verhangen und atmosphärisch umzittert, wie durch zarte Nebelschleier ge-
sehen. Das ist der traulich dämmerige Innenraum ohne harte Schatten, wie wir ihn
seit Jan van Eyck bei den Niederländern und ihren Gefolgsleuten kennen. Da sind Glas-
gemälde in den Fenstern und ein entzückendes in Stein gehauenes Simsonfigürchen
an der Konsole wie bei Memling. Pacher packt anders zu und hat farbig einen
ganz andern helleren und offeneren Klang und ist auch geistig von anderer, härterer
und sieghafterer Struktur. Ein Porträt von ihm wäre eher nach Italien als nach den
Niederlanden orientiert. Ich glaube nicht, daß man bei ihm so schwächliche Finger
finden könnte. Dagegen kann man diesen gar nicht oberdeutschen Gesichtstypus und
die fast goldschmiedehaft scharf geschnittenen Züge ganz ähnlich in der Lübecker
Malerei finden, etwa in der Gregorsmesse der Marienkirche. Der Malgrund ist, wie
man mir mitteilt, zwar wohl ein weiches, aber nicht Zirbelkieferholz. Die Annahme
niederdeutscher Herkunft des isolierten und eindrucksvollen, wenn auch wohl etwas
überschätzten Werkes, wird dadurch wenig erschüttert.

Vor allem aus Griinden der farbigen Haltung scheint mir meine früher geäußerte
Lokalisierung des in seinem ruhigen und großflächigen Aufbau seltsam eindringlichen
Frauenporträts auf die Steiermark der Prüfung wert zu sein. Um den Maler der beiden

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