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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

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Heft 17/18
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Sammler und Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0520

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meist in erstklassigen Exemplaren vorliegen, und
die zahlreichen »Cries of London«.

Im Dczember, kurz vor Weihnachtcn, versteigert
Graupe gemeinsam mit C. G. Boerner, Leip-
zig, eine außerordentlich vollständige Adolf Men-
zel-Sammlung, in der das gesamte Oeuvre des
Künstlers mit vielen Probe- und Zustandsdrucken
neben einer großen Zahl von Ilahdzeichnungen
vertreten ist.

Das Auktionshaus des Westens, dem eine
»Kunstabteilung« angegliedert wurde, versteigert
in seinen neuen Iläumen in der Victoriastraße i 2
am 26. und 27. September die hekannte Samm-
lungOttoHeld und denNachlaß eines fürst-
lichen D i plomaten. Der umfangreiche und viel-
seitige Katalog verzeichnet Gemälde alter Meister,
Wandteppiche, Skulpturen, Möbel, Porzellane und
Kunstgewerbe verschiedenster Art. Unter den Ge-
mälden, die von uns auf Seite 657 des vorigen
Jahrganges ausführlich gewürdigt wurden, fallen
auf eine Verkündigung, die neuerdings Albrecht
Altdorfer zugeschrieben wird, während Buchner
den Augsburger Leonhard Beck als Autor nennt,
eine hl. Familie von Moretto, eine lil. Katharina
von Murillo; Bildnisse von Govaert Flinck, Fer-
dinand Bol, Nicolaes Maes, Verspronck; Genrebilder
und Landschaften von Terborch, Jacob Salomonsz
Buysdael, Frans de Momper, Jan Both, Frangois
Millet; Stilleben von Fyt, Willem van Aelst, Hon-
decoeter. Dic Reihe der Wandteppiche hat als be-
deutendstes Stück den Triumph der Liebe von
einem Brüsseler Wirker vom Beginn des i6.Jahr-
hunderts aufzuweisen. Unter den Porzellanen
befinden sicli einige Modelle von Kändler, einige
frühe Frankenthaler Gruppen und einige chine-
sische Arbeiten. Eine gewählte Kollektion vonGold-
dosen, Miniaturen des 18. Jahrhunderts und chine-
sischen Jadearbciten verdient Beachtung.

Paul Gassirer und Hugo Helbing verstei-
gern im Herbst die Sammlung Toni Strauß-
Negbaur, die Gemälde alter Meister, Skulptu-
ren, Möbel, Handzeichnungen und Miniaturen ent-
hält. Die Sammlung Strauß-Negbaur ist weiteren
Kreisen durch dieVersteigerung der ausgezeichnelen
Kollektion japanischerFarbholzschnittc bekannt ge-
worden. Nunmehr wird vor allem aucli die außer-
ordentlich qualitätvolle Sammlung vori Ilandzeich-
nungen zur Auflösung gelangen. Sie enthält Blät-
ter niederländischer Meister, darunter viele signierte
Stücke, und einige Arbeiten italienischer und fran-
zösischer Meister. Ferner werden Cassirer-Helbing
eine Sammlung deutscher Gcmälde des ig. Jahr-
hundcrts zum Ausgebot bringen.

Am 7. und 8. November kommt bei Hollstein
undPuppol die KupferstichsammlungFrei-
herrvonG..., zusammen mit Museumsdubletten
und anderem Besitz zur Versteigerung. Die Ver-
steigerung erhält durch eine umfangreiche Kol-
lektion von Blättern Schongauers (Christus am

488

Kreuz, Johannes auf Patmos u. a.), Dürers (Me-
lancholie, Madonnen), Lucas van Leydens (Bildnis
Maximilians, Magdalenentanz) und Ilembrandts (La
petite Tombe, Landgut des Goldwägers, Land-
schaften) erhöhtc Bedeutung. Wir werden auf die
Versteigerung noch zurückkommen. S.

FRANKFURT a. M.

Am 6. Oktober versteigert die Firma Josepli Baer
& Co. einc wertvolle Bibliothek, die seit Jahrhun-
derlen in einem süddeutschen Fürstenschlosse ver-
wahrt wurde. Sie enthält eine Anzahl von wichti-
gen llandscliriften, darunter insbesondere mittel-
hochdeutsche Rittergedichte. Die bedeutendste die-
ser Handschriften ist »Der Renner« des Ilugo von
Trimberg mit 120 großen Miniaturen aus der er-
sten Hälfte des i5. Jahrhunderts, die von Augs-
burger Kiinstlern angefertigt sind. Textlich noch
interessanter vielleicht ist die einzige erhaltenc
Handschrift der berühmten »Theologia deutsch«
des Franckforters, die Luther als sein Erstlings-
werk herausgegeben hat.

Von den Ilolzschnittbüchern des i5. Jalirhunderts
sind die 5. und 9. deutsche Bibel, das Nürnberger
Heiligenleben von i488 und zwei Würzburger Mis-
salien mit Holzschnitten von Wolgemuth beson-
ders zu erwähnen. Die Würzburger Agende von
1/182 ist nicht nur eines der ersten deutschen Bü-
cher mit einein eingedruckten Kupferstich, son-
dern auch das erste oder zweite Buch mit auf
Liniensystem gedruckten Noten. Von wertvollen
Inkunabeln erwähnen wir weiter zwei in Straß-
burg um 1/173 gcdruckte Erstausgaben des Pe-
Irarca, ein um 1/176 in Speier erschienenes deutsch-
lateinisches Vokabular, ferner Drucke von Alost,
Marienthal und Forli (bisher unbeschriebenes Uni-
kum). Unter den Drucken des 16. Jahrhunderts
ist besonders das berühmte Mainzer Psalterium
von i5i6 hervorzuheben, das mit denselben Typen
gedruckt ist wie das Schöffersche Psalterium von
i/|Ö7 und große farbige Initialen enthält, ferner
einige von Baldung, Urs Graf, Erhard Schön und
Voglherr illustrierte Holzschnittbücher. Die mei-
sten Büclier sind in den Originaleinbänden erhal-
ten, darunter finden sich wichtige Stücke, wie ein
Einband des berühmtesten deutschen Buchbinders
des i5. Jahrhunderts, Johann Richenbach. Zwei
neue Buchbindernamen wurden entdeckt: eine la-
teinische Bibel ist von Johann Furderer gebunden,
und das Würzburger Missale von 1 4 g3 enthält so-
gar eine eigenhändige Buchbinderinschrift des
Würzburger Buchbinders Hans Herroldt, der bis-
her in der Literatur nur als Monogrammist HII
genannt wird. Im Anschluß an diese Bibliothek
wird die Sammlung des Generaldirektors E. Gold-
schmied in Trnava versteigert, die ebcnfalls eine
Anzald interessanter Ilandschriften, Inkunabeln
und Holzschnittbücher umfaßt, von denen der in
Augsburg i/igS gedruckte Marien-Psalter des Ala-
nus de Rupe zu erwähnen ist. K.
 
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