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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI issue:
Heft 19/20
DOI article:
Winkler, Friedrich: Der neue Bertram-Altar in Hannover
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https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0537

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Altar des Meisters Bertram Rechte Hälfte

Museum für Kunst und Landesgeschichte, Hannover

er im 18. oder i 7. .lahrliundert hinübergewandert sei, ist aus den gleichen Gründen
nocli unwalirscheinlicher. Vielmehr gewinnt die Vermutung Nahrung, daß er vonAn-
fang an drüben war, für einen englischen oder dort lebenden deutschen Besteller ge-
macht ist, was bei den engen Beziehungen der Hansastädte zu England und zu der fast
gänzlich vom Ausland abhängigen englischen Malerei — bis zu Hans Holbein und van
Dyck — nicht verwunderlich ist, wenn es auch das erste Beispiel wäre. Die Ab-
hängigkeit Skandinaviens, Finnlands und der baltischen Provinzen in dieser Zeit von
Lübeck und anderen Kunststätten Norddeutschlands ist längst erwiesen. Unter diesem
Gesichtspunkt kommt dem »englischen« Altar Bertrams eine ganz besondere Be-
deutung zu.

In den verflossenen Monaten zirkulierten allerhand Gerüchte über die Aufteilung des
einzigartigen Kunstwerkes. Die Presse nahm sich des Werkes au, um es vor barbari-
scher Zerstückelung zu schützen, Nachrichten über den Verkauf des Mittelbildes an
ein deutsches Museum, die dementiert wurden, wobei sich aber ergab, daß die Außen-
seiten abgetrennt werden sollten, waren nicht gerade geeignet zu beruhigen. Hier
lag ein so einzigartiges Ganzes vor, daß jeder Eingriff eine Wertminderung darstellte,
die nur Kurzsichtigkeit verkennen konnte. Der unter besonders günstigen Umständen
erfolgte Ankauf des gesamten Altars, einschließlich der abgetrennten Rückseiten, durch
das Museum in Hannover befreit den Kunstfreund nicht nur von argen Beklemmungen,
er ist aucli im Hinblick auf das Museum selbst die denkbar glücklichste Lösung des
Streites um den Bertram-Altar.

Das Museum für Kunst und Landesgeschichte in Hannover, wie das Provinzialmuseum
jetzt heißt, ist das Museum der großen niedersächsischen Altäre. Seit der wirkungs-
vollen Aufstellung der eigenen und der Bestände des Welfen-Museums durch Direktor
Dorner entfaltet sich die norddeutsche Malerei im Verein mit der Skulptur hier so
eindrinolich wie an keiner anderen Stelle. Die von Dorner erworbene Tafel aus

O

Wennigsen ist sozusagen der Schlußstein unter dieThese, daß die deutsche Tafelmalerei
ihr ältestes Zentrum in Nordwest-, nicht in Süddeutschland gehabt hat. Es war wahr-
 
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