Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 22.1930

DOI Heft:
Heft 19/20
DOI Artikel:
Sammler und Markt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.27696#0571

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Oberitalienisch, erste Hälfte 15. Jahrh. Großes Minnekästchen
H. 26, Br. 27,5, T. 18 cm Holz, vergoldet und bemalt

Aus der Versteigerung eines deulschen Diplomaten am : 1. November durch
Rudolph Lepke in Berlin

warten stand — für eine Anzahl milllerer und
kleinerer Qualitäten, zumeist Arbeiten kullurge-
schichtlichen, nicht rein künstlerischen Interesses.
Mit rund vier Millionen Mark Gesamtergebnis ran-
giert die Figdor-Versteigerung in der Reihe der
von (iassirer veranstalteten Auktionen liinter den
Sammlungen Huldschinsky, Spiridon, Eduard Si-
mon. Bedenktman, daß alle die genannten Kollek-
tionen in den letzten drei Jaliren in Berlin ausge-
boten worden sind, dic Sammlung Figdor sogar in
Zeiten höhchster wirtschaftlicher Depression statt-
fand, dann kann man nicht leugnen, daß Berlin
seine Stellung als einer der Hauptorte des interna-
tionalen Kunslhandels zu behaupten versteht.

Die Versteigerung begann mit dem Ausgebot der
italienischen Gemälde, die insgesaml rund öooooo
BM. einbrachten. Den höchsten Preis hatte die Ma-
donna in der Landschaft von Giovanni di Paolo,
dic Agnew,London, für :35oooRM. erwarb. Den
lieiligen Augustin desselben Meisters sielierte sich
die Galerie Fleischmann, München, für 100000
RM. Fiir Pinturicchios heiligen Eustachius zahlte
die Galerie Matthiesen, Berlin, 60000 RM.; das
Brustbild des Beroaldus von Predis wurde Goud-
stikker bei 4a 000 RM. zugeschlagen, ein geringer
Preis angesichts der außergewöhnlich guten Qua-
lität und Erhaltung des Werkes. Unter den nieder-
ländischen Gemälden hatte, wie vorauszusehen war,
der verlorene Sohn von Ilieronymus Bosch den
Rekordpreis der Versteigerung erlialten: 385 000
RM., die Goudstikker hierfür anlegte. Die anderen
Niederländer folgen in weitem Abstand: die Ge-
burt Christi des burgundischen Meisters um i4oo
mit 65 000 RM. (de Burlet), dic Kreuzabnahme
des Meisters der Figdorschen Kreuzabnahme mit
56oooRM. (Böhler), die beiden klagenden Frauen
von Quentin Massys mit 4 5 000 RM., das weibliche

Bildnis des Meisters der Magdalenen-Legende mit
51000 RM. (J. und S. Goldschmidt), der Ausritt
zur Falkenjagd desselben Meisters mit 4i 000 RM.
(Fleischmann), das Bildnis Kaiser Maximilians I.
vom Meister von Frankfurt mit 4i 000 RM.
(Knoedler). Eine Überraschung waren <lie 160000
RM., die Duveen fiir das Männerbildnis ausgab,
das der Katalog als stiddeutsch liczeichnete, wäh-
rend es Buchner für cin Werk Dürers hält. Den
schönen Hieronymus von Frueauf erwarb Baron
Thyssen fiir ioSooo RM. Von den vier Strigel-
Bildnissen braohten das Bildnis Kaiser Maximi-
lians und das seiner Gattin Maria von Burgund je
60000 RM. Für das Damenbildnis von Cranacli
zahlte Friedländer 43000 RM. Von den italieni-
schen Skulpturen ging die Tonstatue des heiligen
Sebastian von Riccio für 15o 000 RM. an die Gale-
rie Matthiesen, während Duveen die beiden knien-
den Engel der Richtung Verrocchios für 82 000
RM. und die Stucco-Büste einer jungen Frau von
Desiderio ftir 51000 RM. crwerben konnte. Die
brabantische Jesuswiege sicherte sioh die Galerie
Hinrichsen fiir den hohen Preis von 49000 RM.,
die kniende Maria von llans Klocker (?) das Wie-
ner Museum fiir 32 000 RM., ilie beiden Medail-
lons von Ilans Schwarz das Berliner Kaiser-Fried-
rich-Museum ebenfalls für 4g 000 RM. Von den
Kästchen und Scbachteln ging die vom Cicerone
ausführlich gewürdigte Brautschachtel (vgl. IJeft 1
dieses Jahrgangs) fiir den ungewöhnlichen Preis
von n5ooo RM. an Duveen.

Die Preise für die Bronzegeräte des Mittelalters
waren überraschend. Brummer, Ncw York, legte
für das deutschc Aquamanile mit Simson und dem
Löwen geradezu sensationelle 106000 RM. an,
und die Galerie Matthiesen bezahlte das Prager
Kopfreliquiar mit 64 000 RM. S.

535
 
Annotationen