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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 14 (2. Aprilheft 1917)
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Fuchs, Emil: Nicht bitter werden!
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0074

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in dem wir stehen, mit. Der Einzelne kann wohl mildern, kann wohl durchj
Millionenstiftungen unter Amständen da und dort wieder ausgleichend
wirken — er kann sich aber dem nicht entziehen, daß er einen rücksichts-
losen Kampf um seine Stellung führen muß. Täte er es nicht, so würde
die Konkurrenz seine Arbeit und die Stellung seines tzauses vernichten.
Die volkzerstörenden Wirkungen dieses Konfliktes sind es, die wir jetzt
rm Kriege deutlicher spüren als sonst. Sie waren im Frieden auch da
und genau dieselben. Aber sie sind in der gesteigerten Spannung der
Zeit verstärkt worden.

Nun besteht aber jedes Anternehmen nur, weil das Gesamtwirtschafts-
leben des Volkes besteht und gedeiht. Iede Einzelarbeit hängt also mit
stärkster Bindung an der Gesamtarbeit. Sollte sich diese Bindung nicht
als eine wirkende Tatsache ins Wirtschaftsleben einbilden lassen?

Es sind keine volltauglichen Mittel, die versuchen, durch Zwang, Strafe
und Polizeimaßnahmen jene Bindung selbst zu schützen. Sie wirken wohl
gegen die Schlechtigkeit und Unredlichkeit, die vom Wirtschaftsleben Vor-
teil sucht ohne schaffende Tätigkeit. Indessen, sie wirken nicht gegen die
Notwendigkeit des Konkurrenzkampfes im ungeregelten Wirtschaftsleben,
die gerade den Tüchtigen besonders reizt. tzier ist dieser die Gesamtheit
schädigende Kampf ja wieder die Kraft, welche der Gesamtheit das starke
Wirtschaftsleben schafft. Man kann ihm nicht nährende Safte durch
Strafe und Polizei wegnehmen. Das ist die große Schwierigkeit unsrer
Lage. Ansre Regierung kann den rücksichtslosen Egoismus im Wirt-
schaftsleben nicht beseitigen, solange man eben im Wirtschaftsleben ohne
ihn nicht vorwärts kommt. Der Polizeistaat hilft da nicht. Kann aber
nicht der Staat als Organisation helfen? Der Staat als eine
Organisation, durch welche gerade die Bindungen, die uns zusammen-
halten, zu mitwirkenden, zu mitzwingenden Tatsachen gestaltet wer-
den? Die Bindungen bilden ja doch gerade den Staat! Ohne sie und
ohne ihn wären wir Einzelmenschen, Einzelkräfte, die sich gegenseitig ihr
Dasein und Wirken abringen müssen. Aus dem Bewußtsein heraus, daß
wir aufeinander angewiesen sind, bilden wir uns die Gemeinschaft, die
diese Zusammengehörigkeit darstellt und ist und wirksam macht. Wo
staatliche Gestaltung ist, da ist die Gemeinsamkeit verwirklicht, der Gegen-
satz gehemmt. Äber den Kampf ums Dasein hat sich das Gewissen ge-
setzt, das einen an den andern und dessen Wohl bindet, nicht als Zwang,
sondenr als Tatsache, die allmählich ganz selbstverständlich wird. Und
doch hat es auf jedem Gebiet des Lebens unendliche Kämpfe gekostet, bis
diese Tatsache aus dem dunkeln Rntergrund des Lebens ins Licht gestellt
war und jene Formung erhielt, durch die sie im praktischen Leben wirksam
werden konnte.

Darauf kommt es wieder an. Zuerst einmal: die Punkte und Not-
wendigkeiten zu finden, in denen und durch die der Einzelne an die Ge-
samtheit des wirtschaftlichen Lebens gebunden ist. Dann gilt es diesen
innern Bindungen eine tatsächliche, wirkende Gestaltung zu geben, daß
von innen heraus unser Wirtschaftsleben eine Einheit wird und sich als
Einheit fühlt. tzier ruht die große Wahrheit aller sozialistischen Ge-

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