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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1917)
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Friedenserhaltung und Friedensgestaltung, [1]
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Schultze-Naumburg, Paul: Die Gestaltung der Landschaft: zu der neuen Folge der Kunstwartbücher "Kulturarbeiten"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0028

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heit an Frieds nllzu bezeichnendes Wort gehalten, „daß sie eigentlich gar
nichts Neues schaffen will". Ich achte Frieds Leistungen trotz alledem
zu hoch, um diesem Bekenntnis allzu persönliche Beweggründe unter-
zulegen. Aber die Friedensbewegung muß endlich ans Schaffen gehen,
oder sie wird bald noch viel kränker sein, als der „kranke Krieg", von dem
Fried noch sprach. Oder aber: sie stirbt an der Friedschen Krankheit.

(Ein zweiter Aufsatz desselben Verfassers folgt in einem der nächften
tzefte. K.-L.)

Die Gestaltung der Landschaft

Zu der neuen Folge der Kunstwartbücher „Kulturarbeiten^*

^m^er Titel, den ich dieser neuen Folge der Kulturarbeiten gegeben
^-^^habe, ist, wie ich fürchte, eine Schwelle geworden, über die ein jeder
^^Leser erst einmal stolpern muß. Landschaft? Gestaltung? Ia, was
können wir denn dazu tun?

Ein Buch über die deutsche Landschaft kann natürlich von sehr ver-
schiedenen Seiten aus angefaßt werden. Man könnte beginnen mit dem
Werdegang unsrer Erde, soweit sie Mitteleuropa betrifft; könnte dar--
stellen, wie die Alpen ein Faltengebirge sind, das sich erst in der Tertiär-
zeit vollendete, wie das Wasser sie zersägte und zerschnitt, wie sich die
verschiedenen Gesteine verschieden dabei benahmen, und wie sich so das
Angesicht der (Lrde bildete. Das wäre eine Aufgabe für den Geologen,
die oft und gut gelöst ist. Aber die Gestaltung durch den Menschen hat
hierbei nichts zu tun.

Man könnte auch beginnen mit der Beschreibung des Landes — wie
Wasser und Meer verteilt sind, wo Flüsse fließen, Tiefland sich ausbreitet,
Städte sich angesiedelt haben, und wo unzugängliche Gletschereinsamkeit
herrscht. Das wäre die Art, wie der Geograph die Aufgabe lösen würde,
und wenn ein gewaltiges „Abbildungsmaterial^ zusammengebracht würde,
könnte es ein illustrierter Führer durch die Schönheiten Deutschlands wer-
den. Keines von allen soll dies Buch sein, und ich wählte mit Absicht das
Wort „Gestaltung", um damit die Verantwortung zu betonen, die wir alle
für das Angesicht unsres Landes tragen. Denn der Mensch ist es, der ihm
den Ausdruck verleiht, sobald er es ganz seinen Zwecken unterworsen hat,
wie es bei unserm Vaterlande der Fall ist.

Natürlich gibt es auch in Deutschland eine Reihe von Landschaften, die
heute noch genau so aussehen wie in uralten Vorzeiten. Dahin gehören
vor allem die tzochgebirge, deren Erscheinung der Mensch auch heute noch
nichts anzuhaben vermochte, ferner der Spiegel der Seen, solange kein
Fahrzeug sie durchfurcht, die Meeresküste, soweit keine Strandbefestigungen
angelegt sind, hier und da vielleicht einige Stückchen ursprünglicher tzeide,
und endlich die zwei, drei Orte, an denen Reservate für Urwald gehalten
werden. Das sind aber auch wohl die einzigen Orte, die unverändert
durch Menschenhand geblieben sind. Im übrigen dürfte nicht ein Stück
Erdoberfläche in Deutschland mehr so aussehen, wie es vor der Kultivie-
rung durch Menschenhand der Fall war, denn alles, was wir sonst um

* Paul Schultze-Naumburg, Kulturarbeiten, Band 7—9: Die Gestaltung der
Landschaft durch den Menschen, drei Teile. tzerausgegeben vom Kunstwart im
Kunstwart--Verlag Georg D. W. Eallwey, München.

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