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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 13 (1. Aprilheft 1917)
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Schultze-Naumburg, Paul: Die Gestaltung der Landschaft: zu der neuen Folge der Kunstwartbücher "Kulturarbeiten"
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Schumann, Wolfgang: Zur Oper-Frage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0034

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währte Methoden zu veretnigen? Trägt überhaupt die beginnende Ver-
wüstung der landschaftlichen Schönheit zur Erhöhung der Erträgnisse bei,
und steht nicht arn Ende das allgerneine nationale Wohl mit ihr in Wider«
spruch?

Solche Zusamnrenhänge aufzudecken und die Tätigkeit des Menschen an
der Amgestaltung der Erdoberfläche auf ihre wirtschaftlichen und allge«
meinen ethischen Werte zu untersuchen, ist Zweck des Werkes.

Paul Schultze-Naumburg

Zur Oper-Frage

us mancherlei Gründen darf ich es mir versagen, die Voraussetzung
der folgenden Bemerkungen ausführlich zu erörtern: daß es eine
„Oper-Frage" gibt. Die Abereinstimmung zahlreicher Maßgeben-
der hierüber möge als „Beweis" genügen. Es ist so ziemlich unbestritten,
daß wir eine erhebliche Anzahl Lrefflicher älterer und neuerer Opern haben,
die so gut wie nie aufgeführt werden, daß die OpereLLe schlimmsten SLils und
Gehalts ungebührlich bevorzugt wird, daß die meistaufgeführten Opern —
von den Wagnerschen abgesehen — auch so ziemlich die wertlosesten sind,
daß die üblichen Operspielpläne auch an gutgestellten Bühnen beinahe
skandalös sind, daß die Operaufführungen nach ihrem theatralischen Wert
meist noch tief unter sehr mäßigen Schauspielaufführungen stehen usw. usw.

Die Gründe für diesen Gesamtmißstand sucht nun Paul Bekker haupt»
sächlich darin, daß unser Lheaterwesen noch nicht in die kultürliche Lebens»
form der Allgemeinheit eingegliedert ist, „als die der Staat uns gelten
soll", uns aber erst gelten könne, wenn ihm solche Eingliederung gelänge.
In seinem hier schon mehrfach berührten Buch „Das deutsche Musikleben"
erklärt er, die Forderung danach könne nicht durch almosenartige Subven-
tionen, nur „durch uneingeschränkte Anerkennung der Bedeutung der Musik
innerhalb unsres Staatsorganismus" erfüllt werden. Daraus und aus
allgemeinen soziologischen Grundsätzen leitet er eine gründliche und über-
aus lesenswerte Kritik unsrer Theaterverhältnisse ab, die denn in der Tat
die meisten der geltenden Mißstände gleichsam „versteinern" oder „organi-
sieren"; denn solange sie bleiben wie sie sind, ist allerdings kaum Besse-
rung zu erwarten.

Da ist zunächst das tzoftheater, unser „ältestes Denkmal vergangener Ge-
sellschaftsformen". Es ist einst gegründeL worden für Nepräsentation und
Anterhaltung des tzofes, soll heute ganz andern Zwecken dienen, kann das
aber nicht recht, — ist nicht mehr Eigentum der Fürsten und nicht mehr
allein von ihnen abhängig, sondern auch vom Publikum, wird geleitet von
„Intendanten", die keine Fachleute und trotz besten Willens ihrer Auf-
gabe kaum je gewachsen sind, ist für die Oper trotzdem fast der einzige Auf-
führungort von Rang, ist in der Erfüllung seiner künstlerischen Aufgaben
systematisch gehemmt, ist ebensowenig „Ausdruck ^ des verfassungmäßig
geordneten Gemeinwesens" wie etwa gar die „reine Spiegelung des Ab-
solutismus^, ist ein „kläglicher Ausgleich zwischen gestern und vorgestern",
ist vom tzeute eigentlich noch ganz unberührt. „Dieses Theater bietet
dem wahrhaft schöpferischen Künstler in keiner Beziehung produktiv wirkende

^ Hier wie im folgenden bedient sich Bekker ganz des Wortschatzes der Idee
der „Ausdruckskultur", eine sehr bemerkenswerte Berührung mit Avenarius als
dem Einführer dieses Wortes. W Sch

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