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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 13 (1. Aprilheft 1917)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Zur Oper-Frage
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0035

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Anregung. Im Gegenteil: es verlangt von ihm die Beugung unter eine
inhaltlose Gesellschaftsformel, die nur der gedankentragen MittelmLßig-
keit freien Spielraum laßt und sie züchtet. tzatten wir in Deutschland
nicht mehr als ein Hoftheater, so wäre es, und verfügte es über die üppig-
sten Mittel, bald aus dem Kreise der Kunstinstitute ausgeschaltet. Aber wir
haben tzoftheater, wohin wir blicken. Gerade auf dem Gebiete der Oper
halten ihre Machthaber heute fast die ganze Gewalt in den tzänden."
„Der Grundfehler der bisherigen Form war ihre gesellschaftliche Un-
wahrhaftigkeit. So müssen wir, um die neue Form zu finden, eine
Grundlage schaffen, die wahrhaftiger Gesellschaftsausdruck ist: indem wir
das tzoftheater des Absolutismus in das der Konstitution verwandeln, das
alleinige Bestimmungsrecht des Fürsten zwischen Fürst und Volk teilen,
nicht durch indirekte Mitwirkung des Volkes, sondern durch seine Anteil»
nahme an der gesetzgeberischen Gewalt." „tzier ist nicht die Stadt, son«
dern der SLaat der berufene Nachfolger des Fürsten — der Staat, der
schon jetzt einen Teil der Lasten trägt und der als Gesetzgeber Fürst und
Volk in sich vereinigt. Der Staat ernennt den ihm verantwortlichen Leiter
aus dafür in Betracht kommenden Kreisen der Fachleute. Keinerlei ge»
sellschaftliche Verpflichtung ist diesem Intendanten auferlegt. Fordert der
Staat Repräsentation, so ist dies Repräsentation des SLaates, nicht des
Fürsten und seines tzofhaltes. Eine solche Repräsentation wollen wir
wünschen und erhoffen. Sie wird kelne Vortäuschung vergangener Zu-
stände sein, sondern wird das Gesellschaftswesen der Gegenwart offenbaren.
Sie wird es offenbaren an der Reubildung der inneren Organisation der
heutigen tzoftheater, denn die staatliche Grundlage ermöglicht einen später
zu erörternden völlig veränderten Verfassungsaufbau. Sie wird es offen-
baren an der äußeren Gestaltung unsres Theaterwesens. Zur Mitarbeit
an dieser werden sich alle schöpferischen Kräfte des Volkes freiwillig ein-
finden, die jetzt teilnahmslos beiseite stehen und in unsrer heutigen Oper
mit Recht nichts finden, was der tieferen Teilnahme ernsthafter Geister
würdig wäre. So wird auf diesem Gebiete die Vorbedingung geschaffen
werden für das Ineinanderwirken von schöpferischem Musiker und schöpferi-
scher Gesellschaft. Einzig auf dem Unterbau der Wahrhaftigkeit
kann die Gesellschaft als solche sich künstlerisch gestalten, kann sie die ihr
verliehenen Kräfte sich frei auswirken lassen, kann ihr der Wert des bis-
her Geschaffenen in seiner wahren Bedeutung zum Bewußtsein gebracht
werden, kann das sich emporringende Neue fruchtbaren Nährboden fin-
den, — kann sich wieder eine große Kunst erheben.^ — Daneben haben wir
dann das Stadttheater, dessen Lebensbedingungen Bekker ebenfalls ge-
schickt und treffend schildert. Es verdankt sein Dasein dem „Drang nach
städtischer Repräsentation^, dem Willen: Publikum und damit Geld von
außen her anzulocken, dem Bedürfnis nach Nnterhaltung. Leider nur:
die betrüblich hohen Kosten machten es doch schließlich zum „Sorgen-
und Schmerzenskind der städtischen Behörden^, den „kaufmännischen
Gesichtspunkt^ aufzugeben, entschloß man sich aber nicht, sondern man
half sich, sehr viel mehr schlecht als recht, mit verschiedenen Betriebs-
stzstemen: dem lebensunfähigen Genossenschaft- oder dem meist kunstfeind-
lichen Pächtersystem, auch wohl dem der Theater-Aktiengesellschaft. „Sie
alle spiegeln mehr oder weniger die Gesellschaftsverfassung der letztver-
gangenen Iahrzehnte, eine Verfassung, die unter dem Schein der Demo-
kratie die tzerrschaft des Besitzes darstellte. Ebensowenig, ja noch viel
 
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