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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

DOI Heft:
Heft 13 (1. Aprilheft 1917)
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Avenarius, Ferdinand: Kriegsanleihe und Geistesarbeiter
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0017

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Kriegsanleihe und Geistesarbeiter

^^un leben wir im größten Drama der Geschichte wohl den entscheiden--
L^den Mt. Wenn da eine neue Reichsanleihe herankommt, so brauchen
^ ^wir Deutschen keine Reden hinsichtlich unsrer Pflicht. Aber man kann
seine Pflicht mit mehr oder weniger Liebe und Freude tun und dadurch
besser oder schlechter. Deshalb immerhin noch zwei Worte unter uns, die
wir uns als Deutsche vor allem, aber auch als Europäer und als Bürger
der Welt fühlen, an uns „Gebildete", uns Schüler Goethes. Ob wir nun
Arzt des Leibes oder der Seele sind, Geistlicher oder Iurist, Landwirt,
Fabrikant, Techniker, Kaufmann, Lehrer, Offizier, Künstler, Schriftsteller —
wir gehören zu den Führenden, wenn sich unser Denken nicht am Tag-
taglichen erschöpft, wenn wir Ziele auch in der Ferne sehn und Wege zu
ihnen hin bahnen helfen. Wohl denn: was gibt uns Kulturarbei-
tern noch eine besondere Willigkeit zum Reichsdienst?

Wer französische und italienische Blätter liest, der trifft jetzt auf einen
Sprachgebrauch, der ihn verwundert. „Aver ragione", „avoir raison", das
heißt drüben nicht mehr bloß „Recht haben" oder „Recht behalten". Der
Italiener wder Franzose braucht es zugleich im Sinne von „siegen". Ganz
anstandslos, offensichtlich ganz ohne sich was dabei zu denken. „Die Deut-
schen hatten in dieser Schlacht insolge ihrer Zahlüberlegenheit Recht", „die
Rumänen behielten leider infolge mangelhafter Vorbereitungen nicht Recht".
Aur ein Sprachgebrauch! Aber den Gedankenfehler, „wer den Lrfolg hat,
der hat Recht", den trägt er mit sich, wie der Säemann den Kornsack —
und sät daraus. Klares Denken ist schon in ruhigen Zeiten kein Massen-
artikel — wie wird es erst jetzt in der Kriegzeit durch solche Beimischung
verfälscht! Die Völker beten schließlich alle zum Erfolg. Siegen wir,
haben wir für die Draußenstehenden ganz sicher mehr und mehr auch
„Recht". Auch in geistigen Dingen! Unterliegen wir, so wird auch
die Kultur der Welt sich nach den Siegern richten. Das hat schon
Fichte gewußt und gesagt, es schwindet uns nur immer wieder aus dem

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