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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 14 (2. Aprilheft 1917)
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Slawitschek, Rudolf: Partei-, Stände- und Kulturpolitik
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Corbach, Otto: Krieg und Auswanderung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0085

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Stärke der hinter den einzelnen Sonderprogranunen stehenden Organisco-
tionen in Betracht kame.

Wahlen unter solchen Verhältnissen hätten zum Ergebnis, daß die
einer politischen Partei angehörenden Abgeordneten zum Teil verschie-
dene Sonderprogramme vertreten würden, die sie wiederum mit An«
gehörigen andrer Parteien gemeinsam hätten. Die damit gegebenen sach»
lichen Beziehungen würden die Parteigegensätze in noch höherem Maße
mildern als der Gedanke, zusammen das Vaterland verteidigt zu haben,
was an sich sonst doch auf Augenblicke vergessen werden könnte. Es wäre
damit aber auch eine Grundlage zur Zusammenarbeit geschaffen, die nicht
bloß auf das Zustandekommen einer Majorität ausginge, sondern vor
allem trachten würde, „das Richtige und Vernünftige zu finden".

R. Slawitschek

Krieg und Auswanderung

^^n den Vereinigten Staaten herrscht die Auffassung vor, daß der große
^ ^ Krieg trotz seiner gewaltigen Menschenopfer die europäische Auswan«


derung nicht zum Anstauen, sondern erst recht in Fluß bringen werde.
Die gesetzgebenden Körperschaften der Union haben daher die schon be«
stehenden Einwanderungsbeschränkungsgesetze durch ein neues, sehr wirk--
sames vermehrt, das Analphabeten von der Einwanderung ausschließt.
Die allermeisten amerikanischen Einwanderer kamen schon vor dem Kriege
aus Ländern mit Massenarmut und rückständigem Schulwesen, wie Spanien,
Italien, Rußland, Griechenland, der Türkei. Sie ließen alle Eigenschaften
vermissen, welche die „alten^ Einwanderer, die aus West«, Nordwest- und
Nordeuropa kamen, befähigten, sich rasch in ordentliche, der Stammbevöl»
kerung organisch sich angliedernde amerikanische Bürger zu verwandeln.
Wenigstens behaupten das die Gegner der „neuen Einwanderung", wäh-
rend ihre Anhänger meinen, daß die neuen Einwanderer nur deswegen viel
schwerer im Pankeetum aufgingen als die alten, weil sich die Bedingungen
der Aufsaugung sehr verschlechterten. Wie dem auch sei, jedenfalls herrscht
die der neuen Linwanderung feindliche Richtung heute derart vor, daß sie
sich bei den Abstimmungen über das neue Gesetz gegen die politischen Lr--
wägungen des Präsidenten Wilson behauptete. Eine nochmalige Abstim-
mung ergab im Kongreß wie im Senat eine Zweidrittelmehrheit, wo-
durch Wilsons Einspruch nach der Verfassung der Union wirkungslos
wurde.

Ist nun die Furcht der maßgebenden Kreise in den Vereinigten Staaten
vor einer europäischen Massenauswanderung nach dem Kriege begrün-
det? In einem der hauptsächlichen Ursprungsländer der neuen Einwande-
rung Amerikas ist das inzwischen bejaht worden, in Italien. Führende
italienische Blätter beklagten sich bitter über die Wirkungen, die das neue
amerikanische Einwanderungsgesetz auf die italienische Auswanderung aus-
üben muß, in der das Analphabetentum besonders stark vertreten ist.
Massenhaftes Arbeitslosenleid müsse die Folge sein, dazu eine wesentliche
Verringerung des Volkseinkommens, da die italienischen Auswanderer er-
hebliche Ersparnisse an ihre in der tzeimat gebliebenen Angehörigen zu
schicken oder nach Iahren mit einem kleinen Kapital zurückzukehren und
dort ein kleines Gut zu erwerben pflegten.

Gerade an den italienischen Auswanderungsverhältnissen läßt sich zei-
 
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