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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 17 (1. Juniheft 1917)
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Schumacher, Fritz: Was ist "Stil"?
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Hoffmann, Paul Theodor: Zu Herweghs Jahrhunderttag
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0244

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spricht. Er pflegt daber nicht imrner klar zu sondern, von welcher der drei
Abhangigkeiten, die in ihren Folgen nichts miteinander zu tun haben, er
redet. FritzSchumacher

Zu Herweghs Iahrhunderttag

^^^s ist Frühling des Iahres 12^2. Auf dem Reichstage zu Frankfurt
»^^nimmt Kaiser Otto die tzuldigung der Fürsten entgegen. Er ist über
^x^die Alpen zurückgekehrt, und von drüben hat er sich die höchste Krone
der Christenheit geholt, die nun sein tzaupt schmückt. Aber ein Schatten
Lst auf den Glanz des Kaisertums gefallen. Der Bannfluch des Papstes
Lastet auf Otto. Wie wird Deutschland sich zu dem gekrönten Verfluchten
stellen? Da tritt der Sänger Walther von der Vogelweide vor und be»
ginnt sein Lied:

„tzerr Kaiser, seid uns hoch willkommen,
des Königs Aam ist euch benommen
und eure Krone glänzt vor allen Kronen.

Eure Hand ist stark und reich an Gut,
und ob ihr recht, ob übel tut,
so mag sie beides, rächen oder lohnen.

Auch bring ich euch die Märe:

Die Fürsten sind euch untertan,
sie harrten eurer Wiederkunft geduldig,
und Meißens Fürst, der hehre,
ist euch ergeben sonder Wahn.

Eh blieb ein Engel Gott die Lreue schuldig."^

Wie königlich mag Walther dieses feierliche Gedicht gesungen haben!
Wer sich Hineinliest, den werden aus diesem alten Sange seltsame Klänge
umtönen: Walther verkündet die hehre Majestät und furchtbare Allmacht
zum Guten wie zum Bösen, die dem höchsten tzerrscher des Abendlandes
eigen ist. Rnd dann bringt er abgebrochen und unerwartet die Ver-
sicherung: die Fürsten sind euch untertan, zumal der Meißner. Warum
das? — Wir wissen und die Damaligen wußten's wohl noch besser, wie
tzerzöge und Markgrafen auf Amsturz gesonnen hatten. Wir wissen, daß
Dietrich von Meißen schon im folgenden Iahre zu Friedrich II. über-
trat, daß das Imperium des neuen Kaisers mit schweren Sorgen einer
ungewissen Zukunft belastet war. So erleben wir die geistige Luft jenes
Reichstages als ein seltsames Gemisch von Erhabenheit und Feierlich-

tzer keiser, srt ir willekommen.

der küneges name ist in benommen:

des schrnet iuwer kröne ob allen krönen.

Iur hant ist krefte und guotes vol:

ir wellet übel oder wol,

sö mac si beidiu rechen unde lönen.

Dar zuo sag ich ru maere:

die fürsten sint iu undertan,

si habent mit zühten iuwer kunft erbeitet.

und ie der Mrssenaere

derst iemer iuwer äne wän:

von gote wurde ein engel e verleitet."
 
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