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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 15 (1. Maiheft 1917)
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Corbach, Otto: China im Weltkriege
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0141

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freundlichere Saiten aufzuziehen, nachdem es das Wiederaufleben der
Anteilnahme der amerikanischen Finanzwelt am chinesischen Wirtschafts«
leben nicht verhindern konnte, als der uneingeschränkte Tauchbootkrieg
die Entwirrung der verwickelten politischen Verhältnisse im fernen Osten
begünstigte. Auf Grund von Wilsons Aufforderung an alle neutralen
Mächte durfte China das Aufgeben seiner Neutralität wagen. Iapan
seinerseits konnte nur wünschen, daß sich Amerika recht gründlich in den
europäischen Krieg verwickeln möchte; es ließ China gewähren und zeigte
sich in den amerikanischerseits mit Hochdruck betriebenen Verhandlungen
wegen einer Rückendeckung während des Krieges zu weitgehenden Zu-
geständnissen bereit. Das Zustandekommen eines großen amerikanisch«
japanischen Syndikats für die wirtschaftliche Ausbeutung Chinas deutet
anderseits an, daß Amerika sich dem schon längst geäußerten Verlangen
Iapans fügen will: sich nur in Gemeinschaft mit diesem am chinesischen
Wirtschaftsleben zu beteiligen.

Für Iapan handelt es sich bei der Verständigung mit Amerika freilich
nur um zweierlei. Man will Amerika in die politischen Angelegenheiten
Luropas so innig wie möglich verstricken, so daß es sich für absehbare Zeit
um so weniger in die politischen Vorgänge im fernen Osten einmischen
kann, und anderseits, man selbst will Zeit gewinnen, um das durch die
amerikanische Finanz in China Verlorene zurückzugewinnen. In den
neuen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Amerika und Iapan kann
sich nur die Geschichte des britisch-japanischen Bündnisvertrages wieder-
holen. Der begann damit, starke gebundene politische Kräfte Cnglands
frei zu machen, und muß damit enden, daß England Seeherrschaft, Kolo--
nien und politischen Einfluß in ganz Asien an Iapan verliert. Es mag
den vereinten Bemühungen Amerikas und Englands gelingen, China zu
einer freieren Entfaltung seiner schlummernden Kräfte und einer un-
abhängigeren Lrschließung seiner natürlichen tzilfsquellen zu befähigen,
als das ursprünglich den Absichten der japanischen Staatsmänner ent-
sprach. Aber, was Iapan dadurch zunächst Verliert, wird es später mit
Wucherzinsen wiedergewinnen, sobald sich im chinesischen Wirtschaftsleben
die befruchtende Wirkung amerikanischer Anleihen bemerkbar macht. Die
Verschuldung, unter der die Republik der Mitte leidet, ist verschwindend
gegenüber ihren unerschlossenen Reichtümern, und sie wirkt überhaupt
nur deshalb drückend, weil die Modernisierung des chinesischen Staats-
wesens noch so rückständig ist. In 25 Tagen kostet England der gegen-
wärtige Krieg soviel, wie Chinas gesamte Schulden an das Ausland be-
tragen. Dem stehen schier unbegrenzte wirtschaftliche Lntwicklungsmög-
lichkeiten gegenüber. „In nicht allzu ferner Zeit", äußerte darüber nach
der Peking Gazette vom 30. November Iulian H. Arnold, der
Handelsattachee der amerikanischen Gesandtschaft in Peking, „wird der
tzandel sich vom Atlantischen nach dem pazifischen Ozean verschieben,
denn der Orient wird der größte Markt werden, den die Welt jemals
gesehen hat. Nach zehn Iahren wird Chinas Außenhandel zehnmal so
groß sein, wie jetzt. Man bedenke nur: China verfügt über nur 6000
Meilen Eisenbahnen und bedarf mehr als ^00 000 Meilen, um allen
Transportansprüchen gerecht zu werden. China bedarf der Fabriken aller
Art für eine derartige Entwicklung; China errichtet moderne Schulen,
Hochschulen, Krankenhäuser und trifft hygienische Vorkehrungen. Auch
für Chemikalien, chirurgische Apparate, Schulbücher und sanitäre Ein- '

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