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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 30,3.1917

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Heft 17 (1. Juniheft 1917)
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Bonus, Arthur: "Komm zu uns nieder, Schöpfergeist!"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14297#0241

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^s ist ein ganz, ganz kleines Stück Welt, das für die ersten Lebewesen
^wirklich war. Zug um Zug vergrößert es sich durch die lange Kette
der Tiere hindurch. Im Menschen ist es, als gewinne die Welt Rn-
ermeßlichkeit. Dazu eine neue Dimension. Sie ist nicht mehr nur der —
sei es noch so vergrößerte — Futterplatz. Sie ist etwas, das Tiefe er-
langt hat, die nicht dem ersten Blick sichtbar ist, etwas, darin es Seele
und Sinn gibt, wenn auch zunächst nur punktweise, vereinzelt. Auch
diese neue Tiefenrichtung wird zuerst noch ganz auf die nächsten Be-
dürfnisse bezogen, — immerhin nicht mehr des kauenden und verdauenden
Einzelwesens, sondern seines ganzen Stammes. And der Wilde bringt
harte, schmerzenreiche Opfer, um das, was er an geheimnisvollem Sinn
oder verborgener Macht in Dingen, Wesen, Zuständen um sich her ahnt,
sich und den Seinen günstig zu wenden.

Die Entwicklung fließt. Es heben sich selten neue Wendungen äußer-
lich scharf ab. Nachträglich erst sehen wir die Knotenpunkte der Schöp-
fung, ihre grundsätzlichen Wendungen oder tzebungen. Zwei setzen sich
uns schärfer ab: diejenige, in welcher der Mensch den Entschluß faßt, von
sich selbst abzusehen, und die, in welcher er den Gedanken des Menschheit-
ganzen faßt.

Es ist mit diesen Gedanken gewesen wie mit allem Großen. Man kann
nicht sagen: tzier oder dort. Es wächst langsam. Auch diese beiden Ge-
danken sind durch die Iahrhunderte und Iahrtausende gewachsen. Wir
nahmen sie in allerersten Anfängen schon bei dem Wilden wahr, der
Bedürfnisse seines Stammes empfindet. And sie sind noch heute im
Wachsen. Manchmal fast sichtbar. Ihren starken Durchbruch haben sie
miteinander in eins erlebt. Wir feiern ihn zu Pfingsten. Den Geist
der Selbstlosigkeit und der Völkervereinigung. Er hatte für seine ersten
Anhänger etwas Äberwältigendes. Sie glaubten Flammen vom tzimmel
Herabzuschauen. ^

^etzt erst bekam die Welt etwas wie wesentliche Wirklichkeit. Sie ist
Onun etwas, das sich um sich selbst rundet, etwas, das einen Sinn für
sich selbst hat; später faßte man es straffer: eine Seele. And merkwürdig:
die Menschen, die diese Gesichte hatten, die sie zu so geringen kleinen
Teilen eines so gewaltigen Ganzen machten, fühlten sich dadurch nicht
kleiner geworden, sondern größer. Sie fühlten sich dadurch, daß sie auf
sich selbst verzichten wollten, nicht verarmt, sondern erst recht beschenkt. Es
war, als hätten sie bisher noch nicht gewußt, wieviel sie besaßen und zu
geben hatten, indem sie sich selbst besaßen. Sie hatten auf die WelL-
herrschaft ihres Volkes gerechnet, als sich ihnen der Blick weitete und
sie sich als Glieder der Menschheit sahen. Es war ihnen, als seien sie
nun erst recht zur Weltherrschaft gekommen, indem sie für eine Welt zu
sorgen bekamen.

Am merkwürdigsten ist immer wieder ihr neuerdings oft arg ver-
spottetes Selbstbewußtsein. Denn sie meinten, daß sie die Sorge für
eine Menschheit nicht den Zäsaren oder irgendeiner noch so tüchtigen
und gerechten Bürokratie überlassen dürften. Sie selbst müßten sich daran
 
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