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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 1.1884

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Roder, Christian: Eine Württemberger Reise vom Jahre 1569, [1]
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Staudenmaier, P: Die Einführung der Reformation in der Landschaft Ortenau, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20207#0084

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76

eck, selbiger Zyt Obervogt im ganzen Uracher AmptZH
minen l. Franw Mutter seligen Küngolt von Graveneck
üblichen l. Bruder, sinen l. Gemcchel, die edel und christenlich
Franw Margareta vonGr a v e n e ck, geborne Scherin von
Schwarzenburg, zusampt den edlen Töchteren Christi na,
Julia na und Ursula. Wurdind gar früntlich von inen
allen empfangen und gar wol gehalten. Der jung von Gra-
veneck, ein einziger überblibner Sun, Peter, min Vetter, war
nit anheimsch, sonder in einem Sanrbrnnnen. Dem ließ ich
hinder mir ein latinische Epistel zu Ernüwernng der alten
Früntschaft. Wir blibend aber nit wyter zu Urach als sechs
Tag, dan ich von wägen der herzurnckendcn Pfingsten mußt
heym ylen. Der edel und vest, darby wolglerter und hocher-
farner Peter Sch'är von Schwartzenburg, der obbe-
schrybncn Fronw Margareta celicher l. Bruder, war der Zyt
zu Urach krank und vast übel geletzt an: rächten Ang, so er
aber selbs mit eigner Hand ungferter Wyß gethon hat. Als
er sinem Offner oder Haffner zu lieb, der im die Offen be-
strichen sollen, und aber Mangel an Har gesin, wie man das
unter den Laym vermischet, hat er zu gar fräfenlich und nn-
besinnt ein alten, fnlen Sattel, so mit Har, wie brüchig, usf-
gefüllt gsin, mit einem scharpfen Messer uffgeschnitten. Wyl
aber des Sattels Underzüg snl und veraltet, den Stich nit
enthaben mögen, ist er im in das Ang graaten. Als dann dißr
Schaad Anfangs nit grnntlich geheylet und er darnff hin sinen
Geschäften nach widernm nßgeritten, ist er volgents mit größerem
Schaden und Schmerzen widernm nßgebrochen, so in gar umbs
Ang gebracht. Mit im, als minen l. Jkr. und Schwager, Hab ich
alte Kundschaft widernmb nüw gemacht. (Wir haben uns
selbiger Tagen vilfaltig in Religionssachen mit einander er-
spraachet, dan er in Spraachen wol geübt, ein Liebhaber des
hl. Evangeliums, hienebent aber siner Confession halber gar
gut Schwenkfeldisch war, wie auch sin Schwöstern all-
samen.) So hat mir auch min l. Jkr. und Vetter sin Con-
fession vom hl. Nachtmahl I. CH. zu läsen und abzuschriben
geben, darüber auch minen Bericht und Bekanntnnß erfordert,
so ich ime auch geschrifftlich Hab überantwortet, die er auch,
als ich im diß vorgeläsen, mit dargebottner Hand dankbarlich
voil mir angenommen und zu mir gesprochen hat: „Min Vet-
ter Josue, ich Hab dnrchum im Uracher Ampt, miner Verwal-
tung, vil Pfarrer, die glich also auch haltind; sie dörffind aber
uß Forcht die Waarheit nit offenlich bekennen." Er ließ
mich auch sin schön Lyberey sehen, die im, als er mir selber
bekannt, ob den fünfmalhundert Gnldinen kostet, alles allein
von teütschen Büchern; dan er främder Sprachen keineswegs
bericht gsin, sonst aber eines so hohen und herrlichen Inge-
niums, das (er) sich gar nach uff allerley Sachen, Artznei,
Bergwerck und Alchymiam, Pflantzen, köstlich Gebüw angeben,
wie auch uff vilerley Handwerk wol verstanden, (dann er sin
eignen Tischmacher, Trayer, Schlofserzüg, und was derley, bym
allerschönsten gehept). Hat sich auch wol allerley eerlicher und
knrzwyliger Arbeit mögen underwinden, so er diß seiner schwä-
ren Verwaltung halber zwägen bringen und ime das müylichM
Podagra Ruw gelassen, das yn gar übel gepiniget hat an
Füßen und an Händen. Das alte Bnrgstall Grafen eck uff
der Alp -Z ist uff sin Angaben, und wie er deß ein Muster

O Seit 1554, durch Verleihung des Herzogs Christoph. S. Mem-
mingers Beschreibung des OA. Urach S. 155.
D lieber die Bekämpfung der Reformirten und „Schwenkfelds
verfluchte^ Person" durch den am Augsburger Bekenntnis; festhaltendeu
Herzog Christoph siehe Chr. F. v. Stalins wiirtt. Geschichte IV S. 659 ff.
O mühlich, beschwerlich.
2°) Bei Tapfen, OA. Münsingen.

nffgestellt und aller Gemachen ein ordentliche und verzeychnete
oder beschrybne Abteiluitg gemacht (wie er michs selbert sehen
lassen) von Herzog Christofs von Wirtemberg sel. Ge-
dächtnis; gar fürstlich zu einem lustigen Jaghuß erbnwen wor-
den, ^) darin man etlich hundert reysige Pferd kann stellen;
darby abznnemmen, wie es mit den übrigen Gemachen beschaf-
fen. Das aber fürnß an imme löblich gsin, hat er die Waar-
heit göttlichs Worts herzlich geliebet und in sinen Vogteyen und
schwären Fürstendiensten, zu denen er glich als von Jugend
uff bis in sin spat Alter gebrncht worden, sich aller Gerechtig-
keit beslyssen und im den armen, gemeinen Man, wie auch
arme gefangene Leüt und sonderlich diejenigen, denen die Su-
perintendenten und, wie maus etlicher Maaßen wol nennen
mag, die Luthrischen Jnqnisitores gar zu überlägen gsin und
lieber mit Türmen und Kerkern dann mit der Gschrift mit inen
disputieret, imme herzlichen hat lassen befolhen sin. Gürte,
aber darby fridsame Leüt hat er lieb und wärd gehalten, für
sin Person gar wenig Prachts gefürt und sines Ends und letz-
ten Stündles dermaaßen ein stets Naachtrachten ghept, das er
etliche Jaar vor sinem Tod im selber ein Baar und Todten-
banm hat znbereyten lassen und mit Menwerk bym besten be-
schützen, mit dem Geding, daß man syn Lych (so in der lieb
und gnedig Gott uß diser Zyt erfordert) in diser Baar hinab
gen Tettingen (darselbst er syn eigene, lustige Bhusung
ghept) uff den Kilchhoff füeren und daselbst on allen Pomp
in das kül Erdreych bestatten sölle; und dann fürbaß solle diß
Baar der Gmeind zu Tettingen geeignet bleiben. So hat er
auch das Lylachen zusampt dem Tuch über dem Baum in siner
Schlafkammer alzyt hangend vor Angen ghept und also das
Nenrento mori und das Ive8püce ünenr nie wöllen in das
Vergessen stellen. So ist auch sin lobt. Bruch und nüzliche
Gwonheit gsin, all Nacht (so oft er Libs Gesundheit halber söm-
lichs vermögen), nngferen umb Mitternacht nffzuston und etwas
nß Gottes Wort zu läsen oder zu bätten. Hat mir deß gwüß
und nüzliche Ursachen anzeigt, die ich siderhar an mir selbs
mines Ampts und auch Libs Gesundheit halber von etlichen
Jaaren her gwüß und warhast erfunden; denn mich die schwär
Arbeit am Küchendienst zu Bischofzäll, sonderlich das ich bis-
wylen auch das Diaconat mußt versähen, zu sömlichs Uffston
(an) Mitternacht glich als genötet hat. Ist mich Anfangs sur
gnng ankommen, aber volgends durch Gottes Gnaad zu einer
angenennnen und nüzlichen Gwonheit geraadten. Was also by
stiller, rüwiger Zyt geläsen und meditiert oder betrachtet Wirt,
(sonderlich so das gläubig Gebell von Herzen mitlauft) und
darnff ein ruwiger Schlaaf volget, haftet gar viel in der iVü-
mori und kan hernach gar besintlich, es sye ab der Kanzel
oder snnst ußgesprochen oder auch geschriben werden. Ux-
perto crecle Uoderto! (Schluß folgt.)

Die Einführung der Reformation in der Land-
schaft Ortenau.
Nach Quellen bearbeitet von e. Stand cnmaier, kathol. Pfarrer in
Sulz bei Lahr.
(Nachdruck verboten.)
Der Freiherr Felix von Röder v. Diersburg sagt im Diö-
zesanarchiv (Freiburger, Bd. 14, S. 228) nach Vierordt, Geschichte
der evang.-protest. Kirche in Baden (Bd. II., S. 156, 242),
daß die neue Lehre wie in Elsaß so auch in der Ortenau sich

2ch Geschah 1560—63; siehe Memmingers Beschreibung des OA.
Münsingen S. 212.
Besinnlich, im Gedächtnis; haftend.
 
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