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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 1.1884

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Brinzinger, Adolf: Geschichtliche Notizen über einige im Umfang des jetzigen Landkapitels Stuttgart gelegene Pfarreien, Kirchen und Klöster, [1]
DOI Artikel:
Giefel, Joseph Anton: Ein Brevierpatent aus dem Jahr 1500 respective 1516
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https://doi.org/10.11588/diglit.20207#0032

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24

6) Den Tod des Herzogs Karl berichtet er also:
Den 24. Okt. l793 ist früh um 1 Uhr gestorben mit allen
heiligen Sakramenten anfs erbaulichste versehen Jhro Durch-
laucht der regierende Herzog Carl Eugen, dessen Leichnam
am 26. Okt. früh hierher, und in der Nacht vom 27. anfs
Paradebett gebracht wurde, den 30. Nachts wurde er zu Lud-
wigsbnrg in die Gruft beigesetzt. re^uie8cmd in xmce."
2) Die Gründung der St. E berhardski r ch e zu Stutt-
gart fällt in den Anfang unseres Jahrhunderts. Seit 1802
erwarb Herzog Friedrich II. neue Landestheile; Württemberg
wurde jetzt plötzlich in einen paritätischen Staat umgewandelt,
in welchem die katholische Bevölkerung ungefähr ein Drittheil
der Gesammtbevölkernng bildet. Mit wohlwollendem und klugem
Sinn war der nackmalige König Friedrich I. ans die Neu-
regelung der kirchlichen Verhältnisse seiner katholischen Unter-
thanen bedacht in den Religionsedikten von 1803 und 1806
(ckr. Golther 1. c. S. 30 ff.). Zuerst wurden dem katholischen
Privatbethanfe 1805 pfarrliche Reckte zngewiesen, dann aber in
Stuttgart eine eigene katholische Pfarrstelle errichtet; anfangs
exemt mit besonderen Fakultäten von Rom versehen, stand
sie nur in toro cormcnenUne in Verbindung mit dem Ordinariat
zu Konstanz, sonst aber in keinerlei Bisthums- oder Dekanats-
verband, am 10. Oktober 1816 wurde sie zur Dekauatspsarrei
erhoben über die katholische Geistlichkeit der zwei Residenzstädte
Stuttgart und Ludwigsburg und die Pfarrei Hohenasperg,
1817 auch über die zu Weilderstadt uud Dätzingen uud endlich,
29. September 1818, auch über die Pfarreien des früheren
Landdekanats Neuhausen und dann dem Generalvikariat Rotten-
burg unterstellt, mit der Bedingung, daß keinerlei Anordnun-
gen und Verfügungen getroffen werden, welche den bisherigen
Einrichtungen widerlausein 1807 wurde die katholische Garni-
sonsgemeinde errichtet. 1808 befahl König Friedrich, die
evangelische Hostirche aus der Solitude abzubrecheu, uud ließ
sie daun in ihren Haupttheilen nach Stuttgart versetzen durch
Hosbaumeister Thonret (geb. 1767, gest. 1845) uud mit einem
Chor versehen. Dieses neue Gebäude ist die jetzige katholische
Stadtkirche zum hl. Eberhard in der unteren Königsstraße,
welche am 1. Oktober 1811 eingeweiht wurde.
Sie hat eineu mit einem Eiseugitter umgebenen Vorplatz,
das Portal sammt Attika ist von korinthischer, die Säulen
des Langhauses, welche die mit Stucco verkleidete Decke tragen,
sind von jonischer Ordnung, das Innere sehr einfach mit rings-
nmlausender Empore und mit 3 Altären. Am Hochaltar ist
ein sehr schönes Oelbild in reicher Goldrahme, die Auferstehung
Christi darstellend, 1841 von Professor Dietrich gemalt (geb.
1789 zu Biberach, gest. 1846 zu Stuttgart. Er studirte
in Rom, malte dort 1820 Abrahams Einzug in's gelobte
Land, Fresken in Villa Rosenstein und in der Kirche zu Bu-
lach, nach Ravensburg Christus am Oelberg). Am Marien-
altar ist eine anmuthige Madonna mit Kind, von Maria Ellen-
rieder gemalt lgeb. 1791 zu Konstanz, gest. 1863), ebendaselbst
hängt ein zartes Oelbild, St. Joseph, von Professor Beutele,
am linken Seitenaltar ein hl. Karl Borromäus von einem
uns unbekannten Meister. Im Chor hängen einige hübsche,
kleine Cllasgemälde; die zwei großen, Verkündigung und Geburt
Christi, sind von Hofglasmaler Wilhelm. Stadtpsarrer der
Lt. Eberhardskirche sind gewesen: Brentano 1805, Keller 1808,
Linz 1816, Bolz 1834, Ritz 1841, Dannecker 1849, und
ist gegenwärtig Zimmerte seit 1861 (ctr. Neher 1. c. 282).
1868 ist die Kirche neu verblendet worden, 1882 wurde der
Chor bemalt an den Pfeilern mit den vier Evangelistenbildern,

die Rosetten der Decke in Blau und Gold, der Triumphbogen
mit dem Lamm der Apokalypse und Posaunenengeln.
Die Zahl der Stuttgarter Katholiken betrug 1807 nur
140, 1846 schon über 3000, jetzt nahezu 15 000, weshalb
1879 die zweite Stadtpsarrei n6 Lcw. iVlarinm errichtet wor-
den ist.
Den Freunden der Geschichte unserer Diözese werden
vorstehende Nachrichten, welche, wie wir uns öfter überzeugt
haben, schon den Jetztlebenden vielfach unbekannt sind, vielleicht
nicht ohne Interesse sein. Ein andermal einiges aus der
älteren Geschichte des Landkapitels.

Ein Vrevierpalent aus drin Jahr 1600
rrsprrtivr 1616.
Wir Hugo von Gottes Gnaden, Bischof zu Costentz, be-
kennen öffentlich mit dem Brief, daß Wir nach zeitlicher Vor-
betrachtnng und Rath Unserer lieben Getreuen mit dem ehr-
samen Unserem lieben besondern Erhärten Ratolt, Buchdrucker
zu Augspurg Übereinkommen sind also, daß er in seinem Kosten
drucken lassen soll noch Tausend kleiner „Privier" oder Bet-
bücher mit Vigilien und Curs von unser lieben Frauen, vom
Buchstaben Papier und anderm, sauber, gut und gerecht. Und
wann bcmelre Anzahl „Privier" gedruckt uud von denen, so
wir dazu verordnen, besichtigt, überlesen und unpoesthaft ge-
eicht, erfunden und signirt worden, mag Meister Erhärt die-
selben alsdann in Unserem Bisthum allenthalben feil bieten
und verkaufen lassen; doch soll er kein „Privier" also un-
eingebunden höher geben dann um zwei Gulden und ein ge-
bundenes um zwei Gulden und zwanzig Kreuzer. Und damit
er solche „Priviere" desterbaß vertreiben möge, so sollen und
wollen Wir (als Wir ihm hiemit für uns und unsere Nach-
kommen zugesagt habeu) in acht Jahren, die nächsten nachdem
die „Privier" wie oblaut besichtigt und zugelassen worden,
sonst niemanden bewilligen noch gestatten, dergleichen Privier
zu drucken oder in Unserem Bisthnm zu verkaufen, insonders
deshalb Mandate ausgehen lassen, inmassen Wir daun vor-
mals auch gethau haben laut eines Mandates, das 6. 6. 1500
auf den 23. Tag des Monats Augusti ist, alles ungefährlich.
Darum sollen Meister Erhärt oder seine Erben Uns zu
Costentz zu Unseren sicheren Händen richten und antworten
10 ganze „Priviere" unverzüglich, dazu 500 fl. rheinisch gut
und genehm in Gold, vertheilt nämlich das Halbtheil 250 sl.
zu Ausgang der nächsten 3 Jahre, nachdem die „Priviere"
wie oblant zu verkaufen zugelassen worden, und das andere
Halbtheil auch 250 fl. zu Ausgang der nächsten 3 Jahre
darnach, also nach dem Zulassen der „Priviere" in 6 Jahren.
Geschehen die Zahlungen nicht regelmäßig, so haben Wir oder
wer von Unsertwegen es thun will gut Recht den Meister-
Erhard oder seine Erben „darum sürzunehmeu, zu uöthigen,
zu bekumbarn, zu hefften und anzugreisen vor geistlichen
oder weltlichen Gerichten." Sterben wir aber innerhalb der
nächsten 3 Jahre vor der ersten Zahlnng, was Gott lang
wende, so hat Meister Erhard die 500 fl. unserem Nachfolger
nicht zu bezahlen, ebenso hat er nichts zu bezahlen, wenn wo-
vor Ausgang der 6 Jahre sterben.
Zu wahrem Urkund haben wir Meister Erharden diesen
Brief unter unserem anhängenden Secret-Jnsiegel besiegelt.
Gegeben zu Costentz auf Saut Anthonientag nach Christi Ge-
burt gezählt 1516 Jahre. Giesel.

Stuttgart, Buchdruckern der Aktiengesellschaft „Deutsches Bolksblatt".
 
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