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Beck, Paul [Hrsg.]; Hofele, Engelbert [Hrsg.]; Diözese Rottenburg [Hrsg.]
Diözesan-Archiv von Schwaben: Organ für Geschichte, Altertumskunde, Kunst und Kultur der Diözese Rottenburg und der angrenzenden Gebiete — 8.1891

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Beck, Paul A.: Aus dem militärischen Leben des Herzogs Karl Alexander von Württemberg, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.20200#0025

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20

teilung der kurzen Regierung Karl Alexanders nicht außer
acht gelassen werden, daß er von der mehr als 25jährigen
Grävenitzschen Mißwirtschaft her eine böse Erbschaft über-
nommen und dieser gegenüber mit all' seinen Besserungs-
gedanken einen äußerst schwierigen Stand hatte und so manches
auf seinen Schuldkonto geschrieben wurde, was nicht in
denselben, sondern in den seiner Regierungsvorgänger gehörte.
So verdunkelt leider — und dieser Eindruck ist bis heute ge-
blieben— das letzte Bild von ihm als Regenten stark das
frühere imponierende des Soldaten! All dies schließt die
Möglichkeit nicht aus, daß Karl Alexander, dessen Regierung
nur ein unvollendetes Fragment bildet und welcher seine Miß-
regierung mit einem tragisch raschen und frühen Ende büßen
mußte, wäre er nicht vor der Zeit abberufen worden, später
noch, wie sein Sohn Karl Eugen, in sich gegangen und
schließlich ein ganz tüchtiger Regent geworden sein würde.
Nicht bloß im Bilde H ist Karl Alexander, sondern auch
in Poesie und Prosa verewigt. Am meisten ist es Schubart,
welcher den Helden in einem schwungvollen Liede an seinen
ebenfalls in österreichische Militärdienste getretenen Enkel
„Prinz Ferdinand von Württemberg" (im Jahr 1763 geb.,
in den 1840er Jahren als Generalfeldmarschall und Gouver-
neur von Mainz ff), Sohn des Herzogs Friedrich Eugen, feiert.
Nachdem der Dichter dem Prinzen seinen Ahnen Alexander
als leuchtendes Vorbild vorgehalten, führt er letzteren selbst
mit folgenden markigen Worten ein:
„Auch ich," sprach Alexander, „Hab' getragen
Dies Schwert, das dir nun Joseph giebt,
Hab' mit den Feinden Oesterreichs mich geschlagen
Und Josephs Väter treu geliebt;
Ich ging als edler deutscher Ritter
Oft hoch im Donnerfeld der Schlacht,
Daß von zertretnen Schädeln mir die Splitter
Die Sohle» wund gemacht.
So streit auch du, befeurt von meinem Bilde,
O du mein Enkel Ferdinand!
Gott decke dich mit deinem Flammenschilde!"
So sprach dein Ahnherr und verschwand."
Daraus widmet Schubart, auf welchen die Persönlichkeit
Karl Alexanders sichtlich Eindruck machte und dessen Donner-
sprache auch ganz aus diesen paßt, dem Heimgegangenen Helden
folgenden tiefgefühlten Nachruf:
Dein Ahnherr! Ach der Fürsten Beste,
Der unseres Berges Schutzgeist war.
Noch steht für ihn im Tempel meiner Veste
Ein ewig ranchender Altar.
Mit einem Felsengurt umtürmte
Er unfern Berg und wandelte auf ihm;
Wenn Wettersturm auf Aspergs Rippen stürmte,
So trotzt' er kühn des Wetters Ungestüm.
Sein Geist ist nun dem Himmel zugeflogen,
Ihn reizt nicht Erdengröße mehr;
Doch hat er Enkel nachgezogen,
Sv deutsch und groß wie er."
Daß aber Karl Alexander das Vorbild des Fürsten in
Schillers interessantem Fragment: „Der Geisterseher", wie
hin und wieder zu lesen, sein soll, scheint nicht richtig zu
sein; viel wahrscheinlicher hat uns Schiller in seinem, in diesem
Stücke freilich sehr idealisierten Fürsten den bekannten Land-
grafen Friedrich II. von Hessen vorgefnhrt.
Oelporträts von Karl Alexander befinden sich u. a. in den kgl.
Schlössern zu Stuttgart und Lndwigsburg; auch soll der Prinz auf
verschiedenen von namhaften Meistern gefertigten in Wien befindlichen
Gemälden von Türkenschlachten abgebildet sein. Ebenso ist sein Bildnis
öfters in Kupfer gestochen; eine diesbezügliche Ikonographie steht aber
zurzeit noch aus.

Dagegen ist Karl Alexander der Held einer m>l
artigen, erstmal in A. G. Meißners „Skizzen" sich find^
„wahren Anekdote", au welche sich niemand anders als fff,
marck mit besonderer Wertschätzung aus seiner JugeM'
erinnerte und von welcher der deutsche Reichskanzler äußE
„sie habe ihn zuerst sich mit Stolz als Deutschen fmH
lassen". In dieser „Deutsches Schauspiel in Venedigs ,
titelten Anekdote wird nämlich erzählt, wie Karl Alexander eM>
ans einer Reise in der Lagunenstadt sich vortrefflich unteres
und wird hervorgehoben, wie die vielen glänzenden Feh -
den Nobilis, zu welchen Karl Alexander und sein Kcmff^,
Herr geladen waren, meist mit einem kleinen italieMlff,,
Schauspiele beschlossen worden seien, wobei nur eines U.
kränkend für sie gewesen, daß immer in denselben diese e
jene deutsche Sitte verspottet worden sei. Man beschloß ^ „
wegen Revanche zu nehmen und wählte hiezu das
Prinzen den Nobilis gegebene Abschiedsfest, dessen
ment der ingeniöse Kammerherr übernommen hatte,
anderem wurde nun hier auf einer elenden Bretterbude^
deutsches Stück aufgeführt, in welchem ein indem Land ff^
reisender Deutscher irgendwo nachts mit dem Geist lLU ff
zusammeutrifft, bei diesem Anlaß letzterem eingedrucktes^
eine Repetieruhr und Pistolen sehen, hören und knallen
und der Geist daun höchlichst über all dies verwunden^
Aufschluß über all diese ihm ganz fremden Sachen bittet, ffs
der Deutsche ihm seine Landsleute als die Erfinder ^ ^
wichtigen Dinge nennt, meinte der Geist, da müssen ^
deutschen Bären sich inzwischen vortrefflich gemacht Habels
seiner Zeit seien sie, aufrichtig zu reden, eines ffer ,
wissendsten Völker gewesen, das je die Sonne öesaR. ,
rauh, wild, ohn' Ackerbau und Viehzucht, ganz den
schäften und Künsten fremd, ewige Jäger, ewige Kriegs .
Tierhäute eingenäht und selbst beinah unbezähmbare 4nere'
Wie müssen nun aber erst meine Landsleute nach dernöffP
Vorsprunge, den sie vor euch hatten, sich jetzt ausnehm^'^
Krieg und Frieden unerreichbar, Redner, Dichter, Gew! ^
schreiber, Herren der halben Welt, das erste Volk nute ff
Sonne, sie müssen jetzt gewiß nah an die Sonne g^e ^>i
Wenn er sie nur vor seinem schon in den nächsten dm"
gebotenen Verschwinden sehen könnte! Der Deutsche er^,
sich bereit, da er nämlich ein wenig Magie verstehe, ihm ^
seine Landsleute von heute vorznführen. Er winkte
gleich erschien auf jeder Seite der Gasse ein Savoyard:
Hecheln! kauft! — Schön Schattenspiel an die Waiu-,
Margareta! Wer schaut!" So scholl es aus beider
— „Sieh!" fuhr der Deutsche fort, „sieh, lieber eheu^'
Cicero, so kommen deine Nachkommen, die ehemaligen
der Welt, die ersten unter den Menschen, das Volk Mi
mächtigen Vorsprunge, so kommen sie größtenteils Z" ^
Gefallen sie dir?" Der Geist verstummte und erblaßte /
eben schlug es 1 Uhr, seine Stunde war gekommen w , „,ji
täuscht und mit Unmut schwebte er von dannen. y§,>
noch größerem Unmut standen die edlen Venetianer,
den Deutschen heimgeschickt, auf und empfahlen sich
Prinz und Kammerherr machten sich schon am frühen ^
in nicht unbegründeter Besorgnis vor italienischem 4-O
Gift ans und davon. Alls diese in der That 9^ ^
Anekdote ist wohl die heute noch gehörte schwäbische . -i>
art: „So spielt inan's im roten Ochsen (blauen ffll
Venedig!" jauch bloß: „So spielt man's zu Venemg-
rückznführen.
(Schluß folgt.)

Stuttgart, Buchdrnckerei der Aktiengesellschaft „Deutsches Volksblatt".
 
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