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Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0267

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Würmer.

Quatrefages Ann. sc. nat. III. xr.) , dass überhaupt gerade in den frühesten Larven-
zuständen beider Abtheilungen die gründlichsten Differenzen vorkommen. Da somit
diese beiden Vcrgleichungen des Kiemenapparates der Tunicaten mit den anderen Mol-
lusken nicht aufrecht erhalten werden können, so erscheint die oben (S. 249) angenom-
mene Selbständigkeit dieser Organe gerechtfertigt, und wir werden für dieselben eine
Stammform annehmen müssen, die von deneu der übrigen Mollusken sehr verschieden ist .
Bezuglich der Verbindung der Athemorgane mit dem Darmcanale kann noch an Balanoglos-
sus erinnert werden, sowie endlich an die Vertebraten, mit denen auch sonst noch
manch' gleiches Verhalten mit den Larvenformen der Tunicaten besteht.

Das in der Athemhöhle der Appendicularien befindliche wimpernde Spaltenpaar ist
in seinen Beziehungen zur Respiration noch nicht ganz verständlich, da das Ver-
hältniss zu einem Blutgefässystem noch nicht ermittelt ist. Es scheint sogar, als ob hier
eine functionell noch ganz indifferente Organisation vorläge, die etwa nur zur Leitung
des Wassers durch die noch nicht respiratorische Pharynxhöhle verwendet wird. Eine
Beobachtung Huxley's, der zufolge auch Wasser durch die äusseren Ostien der Spiracula
einströmen kann, bestärkt diese Vermuthung. Was die von anderen Tunicaten so sehr
abweichende Einrichtung der gelrennten Ausmündung der Spiracula betrifft, so kann die
bei Phallusia-Larven vorkommende Duplicität der Cloakenanlage als ein vermittelnder
Zustand angesehen werden, der jedoch dadurch modificirt ist, dass der Enddarm mit
einer der Cloaken sich verbindet (Krohn). Die Athemhöhle der Tunicaten besitzt ausser
den oben beschriebenen Einrichtungen noch eine den Eingang umziehende, gegen die
Bauchrinne leitende wimpernde Linie. Bei den Ascidien kann der Eingang zur Athem-
höhle, ebenso wie die Cloakenöffnung durch Ringmuskulatur geschlossen werden. Bei
vielen Ascidien ist die Eingangsöffnung mit papillenartigen Vorragungen besetzt, die
bei einigen (Cynthia) ramificirte Fortsätze darstellen, und, vor dem Eingange ein Gitter
bildend, das Eindringen von Fremdkörpern abzuwehren im Stande sind. Da in ihnen
Blutgefässe sich vertheilen, so mögen sie wohl gleichfalls am Athemprocesse betheiligt
sein, und »accessorische Kiemen« vorstellen (Van Beneden). (Bezüglich des mannich-
fachen Baues der Athemhöhlenwand ist die oben (S. 164) angeführte monographische
Literatur nachzusehen.)

Dadurch, dass der Kiemenbalken der Salpen frei und median die Athemhöhle
durchzieht, gibt er sich nicht als das Aequivalent der gesammten Kieme der Ascidien
oder der Doliolen zu erkennen, er entspricht vielmehr nur einem medianen Theile der-
selben,* jenem, welcher keine Athemspalten trägt. Demgemäss ist auch der Bau des
Kiemenbalkens ein anderer, als jener der gegitterten Athemhöhlenwand der Ascidien.
Seine Oberfläche bietet ein quergestreiftes Aussehen dar, welches reihenweise angeord-
neten colossalen Wimperhaaren — den Ruderplättchen der Ctenophoren ähnlich— seine
Entstehung verdankt. Obwohl schon durch diese Einrichtung ein rascherer Wasser-
wechsel in der Umgebung der Kiemenbalken herbeigeführt wird, so wird derselbe doch
gewiss in noch höherem Maasse durch die Verwendung der gesammten Athemhöhle zur
Locomolion bewerkstelligt. Durch Einschlucken vom Wasser mittelst der vordem Ein-
gangsöffnung, und durch Austreiben dieses Wassers zur hintern Auswurfsöffnung, ver-
mittelst der Contraction der Muskelbänder in der Körperwand werden nicht nur rasche,
stossw:eise erfolgende Schwimmbewegungen vollführt, sondern es wird auch jedesmal
ein Wasserstrom an der Kieme vorbei geleitet Hiebei ist nicht ausser Acht zu lassen,
dass der durch die Ortsbewegung erzeugte Wechsel des umgebenden Wassers nicht
allein dem speciellen Athemorgane , der Kieme, sondern auch der gesammten Körper-
oberfläche zu Gute kommt, so dass auch das in den inneren wie äusseren Mantelgefässen
kreisende Blut den Austausch der Gase in nicht geringerem Maasse zu vollziehen im
Stande ist. Hlxley ist daher gewiss sehr im Rechte, wenn er die Bedeutung des Kiemen-
balkens der Salpen als ausschli esslich es Athemorgan in Zweifel zieht. Es wird
 
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