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Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0839

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824

Wirbelthiere.

Kreislauforgane.

§ 239.

Die ernährende Flüssigkeit der Wirbelthiere bewegt sich in abgeschlos-
senen Canälen mit selbständiger Wandung und nur selten nimmt diese Bahn
einen lacunären Charakter an. Dadurch unterscheidet sich die Bahn von
jener der Mollusken, schliesst sich aber enger an die bei Würmern bestehen-
den Verhältnisse an. Ihre Hohlräume bilden ein System von Canälen, ein
Gefässystem. Communicationen der Binnenräume dieses Gefässystems
mit den umgebenden Medien fehlen ; der gesammte Apparat ist vollkommen
abgeschlossen. Die Hauptstämme besitzen eine mediane Lagerung und ver-
zweigen sich nach der Gliederung des Körpers. In der allgemeinsten Anord-
nung erinnern manche Verhältnisse an Einrichtungen Wirbelloser, und man
kann in dem Verhalten der Längsstämme zum Darmcanal, besonders zum
respiratorischen Abschnitte desselben, diese Beziehungen noch weiter
begründet finden. Eine bedeutende Verschiedenheit tritt aber mit der Aus-
bildung eines Centraiorgans auf, denn während dieses bei den Wirbellosen
meist aus dem Dorsalgefässtamme oder einem Theil desselben entsteht, sehen
wir es bei den Wirbelthieren aus einem ventralen Abschnitte gebildet.

In den beiden grossen Gruppen der Wirbelthiere bieten sich bezüglich
der Bewegungscentren der ernährenden Flüssigkeit bedeutende Verschieden-
heiten dar, so dass wir den bei Amphioxus vorhandenen Apparat von jenem
der Craniota scharf trennen müssen. Bei dem ersteren erscheinen alle
grösseren Gefässtämme contractil und erinnern dadurch an die bei Würmern
bestehenden Einrichtungen. Die Fortbewegung des Inhaltes des Gefäss-
systems wird an vielen Stellen gefördert , ohne dass eine vor der andern
bevorzugt wäre. Bezüglich der Anordnung dieser Gefässe ergibt sich Folgen-
des: Unter dem respiratorischen Abschnitte des Darmcanals zieht ein Längs-
stamm hin, welcher in regelmässigen Absländen Aeste zum Kiemengilter
entsendet. Wir können diese als Kiemenarterien bezeichnen. Sie sammeln
sich in einen über den Kiemen gelagerten Stamm, die Aorta, von wo aus
weitere Vertheilungen im Körper vor sich gehen. Jede Kiemenarterie besitzt
an ihrem Ursprünge in einer contraclilen Anschwellung eine herzartige Bil-
dung. Das vorderste Paar der Kiemenarterien läuft in zwei den Mund um-
ziehende, ebenfalls contractile Bogen aus und verbindet sich zum Anfang der
Aorta (vergl. Fig. 260). Von diesem Gefässtämme aus findet eine Verthei-
lung von arteriellen Blutgefässen in den Körper statt. Das aus dem Körper-
kreislaufe rückkehrende Blut sammelt sich in einen Uber dem als Leber
erscheinenden Blinddarm verlaufenden Venenstamm, welcher sich in den
subbranchialen Arlerienstamm fortsetzt. Das an der Darmwand verlheilte
Blut tritt gleichfalls in einen besonderen Venenstamm zusammen , vertheilt
sich jedoch wieder in den von letzterem aus an den Blinddarm tretenden
Verzweigungen, und erst von da gelangt es in den grossen Venenstamm.
Auch die letzt' erwähnten venösen Gefässe sind contractil. In diesen Ein-
richtungen sehen wir ein vereinfachtes Schema der bei den Craniolen aus-
 
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