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Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0319

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war die Verschiedenheit der Organisation beider Classen seit langem Anlass
zu einer kritischen Prüfung der Ansprüche jener Classen auf Vereinigung,
und hat auch meist zu einer schärfere Scheidung fordernden Auffassung ge-
führt. Diese sprach sich in der Erkenntniss der Verwandtschaft mit den
Würmern, besonders mit Anneliden und Gephyreen, aus. Sowohl die innere
Organisation der Echinodermen, als auch die äussere in der Metamerenbildung
sich kundgebende hat diese Vorstellungen fesler begründet. Daraus entwickelte
sich endlich die durch H.vckel aufgestellte Hypothese, der zufolge die Echino-
dermen Golonien oder Stöcke von wurmartigen Organismen vorstellen. In
der Larvenform der Echinodermen, die hier den Ausgangspunct abgeben
muss, zeigt sich eine völlige Uebereinstimniung mit den Larven von Würmern.
Wie bei manchen der letzteren legt sich auch hier im Innern des Larven-
leibes ein neuer Organismus an. Dieser zeigt durch Knospung, dass aus der
Anlage eine Mehrzahl von Individuen sich zu din'erenziren beginnt, und da-
mit tritt die Erscheinung in eine bereits genauer gekannte Reihe ein. Die
einzelnen Knospen sondern sich allmählich bis zu einem gewissen Grade
von einander, um jedoch niemals völlig sich zu trennen, so dass ihnen eine
Anzahl von Organen, oder einzelne Abschnitte von Organsystemen gemein-
schaftlich bleiben. Die knospenden, zu einem einzigen Organismus verbun-
den bleibenden Individuen verlieren dadurch ihre Selbständigkeit und sinken
zur Bedeutung von Antimeren herab.

So bildet sich durch eine eigentümliche Ontogenese ein besonderer
Thierstamm, der, weil er die Würmer voraussetzt, da er sich von ihnen ab-
leitet, über diese geordnet werden muss.

Von dem durch die vorgeführte Hypothese gekennzeichneten Standpuncte
lässt sich nicht nur die Entwickelungsweise und manches dabei sich fin-
dende Eigenthümliche aufklären, sondern es werden auch die Beziehungen
der einzelnen Abiheilungen zu einander verständlich. In den letzteren stellen
sich zum Theile divergente, zumTheile aus einander ableitbare Gruppen vor,
die wir als Classen bezeichnen wollen.

Die erste davon bilden die Asteroiden, Seesterne, die sich nicht blos geolo-
gisch als die älteste Abtheilung der Echinodermen erwies, sondern auch in ihrer
Organisation die von dem ursprünglichen Zustande am wenigsten veränderten
Verhältnisse erkennen lässt. Die als Arme der Seesterne bezeichneten Anti-
meren besitzen hier noch die relativ grössteSelbständigkeit, die sich unter vie-
lem Anderen auch in derGliederung oder Metamerenbildung erhalten hat. Auch
das Schwankende des Zahlenverhältnisses der Arme entspricht dem niederen
Zustande. Ausser den ächten Seesternen (Ästenden) gehören dieser Classe
noch einige andere Ordnungen an. Eine davon, nur durch die Gattung Bri-
singa bekannt, zeichnet sich durch die Sonderung der Arme von dem gemein-
samen Körper aus, und vermittelt dadurch den Uebergang zu den Ophiuriden
oder Schlangensternen, bei denen der Gegensatz von Körper und Armen noch
schärfer sich ausprägt. Die Arme, die schon bei Brisinga den ihnen zukom-
menden Abschnitt des Verdauungsapparates verloren, haben bei denOphiuren
noch andere Theile aufgegeben. Diese Erscheinung, die man als eine höhere
Entwicklung des ursprünglich den Armen gemeinsamen Körperabschnittes
 
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