Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0486

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Allgemeine Uebersicht.

471

Von den Annulaten unter den Würmern , sowie von den Arthropoden
unterscheiden sich die Mollusken durch die mangelnde oder doch nicht äusser-
lich ausgesprochene Metamerenbildung. Es bestehen aber manche Verhält-
nisse, die uns zu der Ansicht leiten, dass bei den Urformen einiger, vielleicht
aller Abtheilungen eine Metamerenbildung, wenn auch nur in ganz gerin-
gem Maasse, bestanden habe. Nur durch diese Voraussetzung werden
manche Organisationszustände verständlicher. Wir werden dadurch auf die
Spuren verwandtschaftlicher Beziehungen zu einem andern Thierstamm,
nämlich zu den Würmern eeleitet, und werden in diesen, wenn auch in
weiter Ferne, die Verbindungen wahrnehmen, welche den Stamm der Mol-
lusken als einen Zweig des Gesammtstammbaums des Thierreichs bestimmen
lassen. — Für die ganze Abtheilung charakteristisch sind Gehäuse- und
Schalenbildungen, die mit dem Integument in Zusammenhang stehen, und
nur bei ganz wenigen vollständig — auch für frühe Entwickelungsstadien —
fehlen.

Der Organisationswerth der einzelnen Abtheilungen in phylogenetischer
Richtung ist sehr schwer zu bestimmen. Das Maass der Complieation des
Organismus ist bei Allen auf ziemlich gleicher Höhe, sowie auch durchaus
keine die einzelnen Abtheilungen oder Classen in engerer Abhängigkeit von
einander darstellende Auflassung sich sicher begründen lässt. Als erste und
zugleich niedrigste Abtheilung sehe ich die Classe der Brachippoden an. Bei
ihnen ergeben sich manche an Würmer erinnernde Organisationseiurich-
tungen, w enn auch die in eine dorsale und eine ventrale Hälfte getheilte
Schale, sowie die Befestigung der Thiere sondernde Eigentümlichkeiten sind.
Die Brachiopoden zerfallen in zwei Unterclassen, deren Charaktere dem Ver-
halten der beiden Schalenklappen entnommen sind : Angellose, Ecardmes und
Angelschalige , Testicurdines. Die letzteren müssen den ersteren gegenüber
als höher entwickelt gelten.

in der zweiten Abtheilung der Mollusken vereinige ich die Lamellibran-
chiaten, die Cephalophoren und die Cephalopoden. Sie zeigen in sehr vielen
Organisationsverhältnissen eine nähere Verwandtschaft. Ihr Kreislaufapparat
weist ein in Kammer und Vorkammer geschiedenes Herz auf, daher sie mit
Häckel als Otocardier bezeichnet werden mögen. Bei allen treffen wir eine
Sonderung eines Theiles des dorsalen Integumentes in eine als »Mantel«
bezeichnete Duplicalur, die in verschiedenem Maasse über den übrigen Kör-
per vorwächst. An letzterem zeichnet sich die ventrale Fläche als »Fuss« aus,
oder lässt wieder besondere Gebilde hervorgehen. Mit dem Mantel steht eine
Schale in Verbindung. Das Gemeinsame der Organisation lässt jedoch nicht
den Grad der Verwandtschaft erkennen, und es kann nicht angegeben werden,
welche der drei Classen der Grundform am nächsten steht. Als niederste
Classe dürfen wir die Lamellibrunchiaten (Acephalen) betrachten. Die Mantel-
bildung erreicht einen hohen Grad, so dass sie sammt der sie überkleidenden,
in eine rechte und linke Klappe zerfallenden Schale, den übrigen Körper zu
umschliessen vermag. Zwischen Mantel und Fuss ragen die blattförmigen
Kiemen vor. Dagegen fehlt ein Kopftheil des Körpers und mit ihm die diesen
sonst auszeichnenden Sinnesorgane. Nach dem Verhalten des Mantelrandes
 
Annotationen