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Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0820

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Kiemen.

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werden als Kiemen bezeichnet. Diese stehen im Zusammenhang mit dem
Visceralskelet, dessen Theile bereits oben als Ki emenbogen aufgeführt
wurden. Der von diesen Kiemenbogen umgürtete Abschnitt des Nahrungs-
canais fungirt somit als Athmungs- oder Kiemenhöhle. Der wesentliche
Charakter der Kiemenbildung liegt auch hier in einer gegen das zu respiri-
rende Medium gerichteten Oberflächenvergrösserung, die entweder durch
Blättchen oder durch cylindrische Fortsätze geschieht. Solche Theile besetzen
in mannichfaltiger Ausbildung die Bogen des Visceralskelets und umschliessen
das respiratorische Blutgefässnetz. Was die Vergrösserung der respirirenden
Oberfläche betrifft, so findet sich als niederster Zustand eine Vermehrung
der Kiemenbogen bei einfachem Verhalten der Kiemen selbst. Daran reiht
sich eine Beduction von Kiemenbogen mit Ausbildung der an den fort-
bestehenden Bogen befindlichen Kiemen, weiche durch die vorerwähnten
Kiemenblältchen sich mannichfach compliciren.

Bei Amphioxus ist dieser Kiemenapparat bei bedeutender Anzahl der
Kiemenbogen am einfachsten gestaltet. Der vorderste Theil des Tractus
intestinalis ist zwischen den Stäben des Visceralskelets
(s. S. 665) von einer grossen Zahl von Spalten durch- Fig. 272.

brochen. Durch letztere gelangt das vom Munde auf-
genommene Wasser an dem respiratorischen Gefässnetze
vorüber, in einen an der Bauchfläche mit einem Poms
branchialis avismündenden Baum. Dieser entsteht
durch das Auswachsen zweier seitlichen Hautfalten
über die anfänglich frei auf die Körperoberfläche mün-
denden Kiemenspalten. Mit dem Verschmelzen dieser
Hautfalten von vorne nach hinten werden die Kiemen-
spalten nach und nach bedeckt, und führen aus dem
Darme in jene Athemhöhle. Die Vermehrung der
Kiemenspalten, zwischen denen das respiratorische Ge-
fässnetz sich vertheilt, ersetzt den Mangel der Kiemen-
blättchen.

Achnliche Beziehungen bieten die Cyclostomen,
jedoch in viel weiter geführter Ausbildung. Die an-
fänglich gleichfalls einfache Spalten darstellenden Durch-
brechungen der Darm- und Leibeswand differenziren
sich in längere Bohren, deren mittlerer Theil unter Er-
weiterung seines Baumes den Kiemensack (Fig. 272. br)
vorstellt. Von der Wand der Kiemensäcke erheben
sich blättrige Falten, die Kiemenblättchen, in denen
das respiratorische Gefässnetz sich ausbreitet. Jeder
Kiemensack steht durch einen »inneren Kiemengang«

Fig. 272. Athmungsorgan von Myxine glutinosa von der Bauchseite, o Oesophagus, i In-
nere Kiemengänge, br Kiemensäcke, br' Aeussere Kiemengänge, die sich zu einem
gemeinschaftlichen bei s ausmündenden Kiemengange jederseits vereinigen, c Ductus
oesophago-cutaneus. a Vorhöf des Herzens, v Herzkammer, a.b Kiemenarterie,
an jede Kieme einen Ast abgebend, d Seitenwand des Leibes nach aussen und rück-
wärts umgeschlagen. (Nach Jon. Mülle«.)
 
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