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Heidelberger Bürger-Zeitung: Mittelstands-Zeitung ; unabhängiges Kampfblatt für die Interessen des deutschen Mittelstandes: Heidelberger Bürger-Zeitung: Mittelstands-Zeitung ; unabhängiges Kampfblatt für die Interessen des deutschen Mittelstandes — 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.42441#0038
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kosten mußten bestritten Werden, sondern auch
die Kriegstri bitte. da durch diese Anleihen
der Städte usw. genügend Devisen vorhanden
waren, um die Kriegstrtbute in fremder
Währung bezahlen zu können So kam es,
daß der Geldmarkt nicht etwa in Deuschland
entlastet wurde, sondern daß uns die Aus-
ländsanleihen dadurch belasteten, daß wir
unseren Reichsbankdiskont ständig erhöhen
mußten. Glücklicherweise beschränkten sich
diese Folgen nicht allein auf Deutschland, son-
dern wurden der ganzen Welt höchst verderb-
lich. Wie eine Säugpumpe wirkte diese Reichs-
bankpolitik auf die Geldverhältnisse der übri-
gen Staaten. Furchtbare Wirtschaftskata-
strophen müssen so über die Welt hereinbre-
chsn, da dieses ständige Absaugen von Kapital
den Finanzmarkt der anleihegewährenden
Staaten von Grund auf verändert, sodaß die
Kapitalabflüsse entweder durch goldinflatio-
näre Bankpolitik ausgeglichen werden, oder
aber zu einem Wirtschaftsbruch führen, der
oerhehrend auf die Börse und innere Struk-
tur der betroffenen Volkswirtschaft wirken
muß. So legt das rüstungswahnsinnige
Frankreich die Volkswirtschaft großer Staaten
lahm. Der Bolschewismus kann stolz auf sein
verbündetes Frankreich sein.
Es tritt nun die Frage an uns heran, wie
es uns möglich gemacht werden kann, dem
Vernichtungswillen der Franzosen erfolgreich
entgegenzuarbeiten. Dieses können wir allein
und absolut erfolgreich durch die Aenderung
unserer Reichsbankvolitik. Wir müssen dazu
übergehen, eine positive Reichsbankpolitik zu
treiben. Der Reichsbankvräsident muß unsere
Währung derartig einstellen, daß wenige
Millionen Devisenankäufs genügen, um unsere
Währung unter den Goldkurs zu drücken. Die--
ses erreichen wir. indem wir unseren Reichs-
bank-Zinsfuß auf 3—t Prozent herabsehen.
Dieses würde zu einem Abströmen von mehre-
ren Milliarden fremder Gelder führen. Hier-
durch würde der Goldvorrat so gering, daß
wir nicht mehr genügend Zahlungsmittel zur
Verfügung haben würden. Den: könnte da-
durch abgeholfen werden, daß man wieder 2
Milliarden Rentenmarkscheine für den In-
landsbedarf in Umlauf sehen würde. Dieses
könnten wir beruhigten Herzens durchführen,
da wir z. V. in England neben goldgedeckten
Noten auch verkehrsqrdeckte Noten haben. Nach
Mei Seiten hin würde diese Geldpolitik für
uns von Vorteil sein. Innerpolitisch würde
dieses zur Ueberwindung dieser Krisis führen.
Außenpolitisch würde der franz. Frank ge-
schwächt, da wir nach dem Dawesvertraae
nichts transferieren, sobald die deutsche Wäh-
rung in Gefahr kommt. Die Reichsbank
würde so weiterhin über die Kriegsentschädi-
gungssummsn. die in Deutschland auf Grund
der Dawesbestimmungen bleiben müssen, so-
bald die deutsche Währung gefährdet ist, ver-
fügen könnest, sodaß bald genügend Kredit-
mittel der deutschen Wirtschaft zur Verfügung
ständen. Da die Reichsbank diese Summe der
Regierung direkt oder indirekt wieder zur
Verfügung stellen kann, wäre es möglich, eine
Steuersenkung in Höhe von 2 Milliarden RM.
jährlich durchzuführen. Diese würde die Wirt-
schaft derart entlasten, daß sich die übrigen
Cteuererträge erhöhen würden, sodaß dann
dem Reiche genügend Mittel für seine Aus-
gaben zur Verfügung stehen würden. Fer-
nerhin wäre Deutschland in der Lage, die in-
ternationale Hochfinanz zu zwingen, Anleihen
zu günstigen Preisen nach Deutschland zu be-
geben. da Deutschland in der Lage ist, in der
Welt eine Goldinflation zu erzeugen. Unter-
stützung würde Deutschland für diese Politik

bald finden, da es Europa hierdurch möglich
wäre, seine Kriegsschulden gegenüber Amerika
zu liquidieren. Diese Politik wäre allerdings
solange nicht zu empfehlen, wie die Franzosen
noch nicht abgerüstet haben. Eine Einstellung
unserer Kriegsentschädigungszahlungen wür-
den nämlich den Frank auf Grund der ameri-
kanischen Schulden bald in den Abgrund füh-
ren. Frankreich hätte dann Zeit, seinen inner-
politischen Kampf zwischen Royalismus und
Demokratie zu Ende zu führen. Wer die Haa-
ger Verhandlung verfolgt, steht, daß Frank-
reich unsere Währung vernichten will, um
den „katholischen" Staatenbund von Brüssel
bis Bukarest zur Durchführung zu bringen.
So legt dieser imperialistische Staat zwischen
Deutschland und Italien einen Staatenbund,
der unter französischem Einfluß steht. Sobald
die Auseinandersetzung zwischen England und
Amerika kommt, ist Frankreich in der Lage,
dem italienischen Staate das Rückgrat zu zer-
brechen. Drehen wir aber den Spieß um, so
wird Frankreich zur Abrüstung .gezwungen
Wir stehen am Wendepunkt der Weltge-
schichte. Der doungplan zerbricht l Deutsch-
land; der Dawesplan bei positiver Durch-
führung zerbricht Frankreich.
Wir kämen nun zum Schluß. Wir müssen
nun zu den innerpolitischen Konsequenzen der
Houng-Versklavung i kommen. Grundsätzlich
kann man sagen, daß durch die Annahme die-
ses Planes die Mittelparteien zerrieben wer-
den. Die Sozialdemokratie sieht heute schon,
daß sie einen großen Teil ihrer Wähler ab-
geben muß. Die kommunistische Bewegung
beginnt immer mehr die politische Aktivität
an sich zu reißen. Sie verkennt zwar heute,
daß sie der Nationalsozialistischen Bewegung
Vorspanndienste leistet. Sie har aber die
Mission zu erfüllen, die in ihrer Idcengruppe
liegt. Die kommunistische Bewegung ist heute
auf dem besten Wege, der Totengräber der
Sozialdemokratie zu werden. Verschlechtern
sich noch diese Zustände der wirtschaftlichen
Not, so ist zu erwarten, daß die Sozialdemo-
kratie unter dem Druck der Kommunisten und
Nationalsozialisten zerrieben werden. Die
sozialistischen Aoungpolitiker graben der eige-
nen Partei das Grab. Nicht der deutsche
Volksgeist wird zu Grunde gehen. Der Kom-
munismus würde unter dem doungplan flo-
rieren. Nur einen Fehler haben die über-
klugen Führer gemacht, sie haben sich nicht am
Volksbegehren beteiligt. Bringt der Poung-
plan die Zerstörung der Währung usw., so
wird der Kommunismus diesen taktischen
Fehler nicht wieder gut machen können.
Sich mit der demokratischen Partei unter
diesem Gesichtswinkel zu beschäftigen, lohnt sich
nicht. Sie ist heute schon die kleinste Splitter-
partei geworden. Etwas anderes ist es. sich
mit dem Zentrum auseinander zu setzen. Das
Zentrum ist in seiner inneren Struktur auf
Interessen der katholischen Kirche sestgelegt.
Nimmt es den doungplan an, so bekennt sich
diese Partei offiziell zur antiitalienischen Po-
litik. Bei der heutigen Empfindlichkeit der
sehr selbstbewußt gewordenen italienischen
Nation könnte dieses eine böse Auswirkung
zeitigen. Ziehen wir zur Vorstellung die
Eigenstaatlichkeit des Vatikans hinzu, so
glaubt man ein großes Netz zu sehen, in das
der politische Katholizismus hineinzugeraten
scheint, sobald er dis Freundschaft des deut-
schen Volkes verrät. Es wäre Loch undenkbar,
daß ein Mann wie Mussolini sich offenen
Auges durch ein französisch-ultramontanes Zu-
sammenspiel um die Früchte seines Lebens,
das heiß geliebte italienische Volk in die fran-
zösische Sklaverei bringen ließe, ohne den

Kampf bis zum Weissbluten aufzunelpnen.
Der Papst ist kein Gast mehr in Italien. Er
beherrscht heute einen selbständigen, wenn
auch winzigen Staat. Keine Teilnahme der
Welt würde diesen Staat schützen, wenn das
italienische Volk erkennen müßte, daß der po-
litische Katholizismus gegen die Lebensinter-
essen der italienischen Nation handelt. Das
Zentrum würde sich den Dank der katholischen
Welt verdienen, wenn es den doungplan zu
Fall bringt und dafür sorgt, daß endlich eine
positive Reichsbankpolitik getrieben wird. Vor
der Entwicklung in Frankreich braucht dann
der politische Katholizismus keine Bedenken
zu haben, da sich der royalistische Gedanke in
Frankreich zweifellos durchsetzen wird, sobald
die Bauern in Frankreich durch den dortigen
Währungsverfall in politische Bewegung ge-
raten.
Wir kämen nun zur Deutschen Volkspartei.
Um ihre Parteileitung zu verstehen, muß man
wissen, daß die Gründer Stresemann und Lit-
win sind. Wenn wir die jüngste Politik, Lo-
carno usw. verstehen wollen, dürfen wir nicht
so ohne weiteres an letztgenannten Vorbeige-
hen. da dieser Mann hinter den Kulissen eine
große Rolle gespielt hat In seiner Person
können wir den großen Gegenspieler zu Bald-
wiu vermuten, der der englischen Außenpolitik
bedeutende Schlüge verabfolgen konnte. Aller-
dings verspielte der Engländer nicht, da er
immer die Möglichkeit offen hat, den Islam
zu befreien und zu bewaffnen. Es ist heute
schon anzunehmen, daß die Locarnopolitik, die
ursächlich die Unruhen in Palästina verursach-
ten, den Litwinleuten leid tut, da durch diese
Schlappe England abermals gezwungen
wurde, sich in Europa zu engagieren und
Asien au einer Ecke frei zu lassen. Die An-
nahme des Poungplans würde dieses weiter-
hin verschärfen, da England der Bedrohung
seitens Frankreich Rechnung tragen müßte,
wodurch cs nicht in der Lage wäre, die mo-
hammedanischen Völker in Zukunft noch so zu
bewachen, wie es die Interessen der Litwin-
leute verlangt. Es ist daher bald zu erhof-
fen. daß der linke Flügel der deutschen Volks-
partei ebenfalls gegen den doungplan sein
wird.
Wir müssen aber als vorsichtig denkende
Menschen auch mit! der Dummheit unserer
Gegner rechnen. Ts bliebe uns dann alleine
die Möglichkeit offen, daß der Reichspräsident
v. H'ndenburq den Reichstag auflöst. Die
Hälfte der Stimmen, die ihn wühlten, waren

Auf dem letzten Kongreß der christlichen
Gewerkschaften in Frankfurt a. M. hat der der
christlichen Gewerkschaftsbewegung entstam-
mende Professor Theodor Brauer (Kölns
einen Hportrajg gehalten über die kulturelle
Sendung der Gewerkschaften. Ein ganz beson-
deres Äflaglicht auf die „kulturelle Sendung"
der Gewerkschaften wirft der Kampf, der zwi-
schen dem Gewerkschaftsbund der Angestellten
(GdA.s und dem Deutschnationalen Hand-
lungsgehilfenverband (DHV.s um die Alters-
versorgungseinrichtungen dieser beiden Riva-
len tobt.
Zum Zwecke der Mitgliederwerbung und
der Mitgliederbindung haben beide Verbände

trotz des grossen Terrors bereit, vor aller
Qeffentlichkeit j gegen den Poungplan aufzu-
treten. Ebenso lassen die preussischen Provin-
ziallandtagswahl en einen großen Ruck nach
rechts erkennen. So erreichte der doungplan
das Gegenteil von seinem Ziele. Der Deutsche
Volksgeist erweist sich heute schon stärker, als
die Äntinattonalen Parteien, die zur Blüte
gelangten, als der deutsche Volksgeist wegen
der Üeberanstrengung im Weltkriege gleich-
sam schlafend aus r uhte. Alle diese Zeichen
mahnen unseren alten Reichspräsidenten, dem
Volke anheimzustellen, ob der doungplan, die
jahrzehntelange Sklaverei, angenommen wer-
den soll oder nicht. Verstehen wir heute die
Zeichen der Zeit, ehe sich die neuen Ideen in
das Gefühl umgesetzt haben.
Wie schon oben betont wurde, stehen wir
am Wendepunkt des deutschen Schicksals. Un-
terdrücken die Gegner den deutschen Volksgeist
noch mehr, so wird die Explosion um so
fürchterlicher. Die Demokratie hat doch das
Sicherheitsventil der Wahlen. Es ist heute
die höchste Zeit, dieses anzuwenden, um dem
Volkswillen ein verfassungsmäßiges Ziel zu
geben. Es ist dieses der einzige Ausweg, oder
wollen die Feinde des deutschen Volksgeistes,
daß Asien und Afrika ein Flammenmeer wird,
daß unabwendbar die rote Flut, den sich hier-
aus ergebenden Zusammenbruch der Welt-
finanzen ausnutzend, die nicht religiös
fanatisierte Welt überfluten soll. Wir stehen
am Wendepunkte f der Weltgeschichte. Mag
Hindenburg sich als Retter erweisen oder
nicht, letzthin ist es doch gleichgültig. Nur
eines könnte Hindenburg verhüten, dass der
innere Befreiungskampf der deutschen Nation
Blut erfordert. Herr v. Hindenburg. Sie ha-
ben das Schicksal der Welt in der Hand. Lösen
Sie den Reichstag auf, dann werden Sie viel
Unglück verhüten, dann werden Sie als das
tu unsere» Herzen bleiben, auch wenn Sie bald
vor dein Lebensrichter stehen sollten, als was
wir Sie gewählt haben, als Retter. Es wird
natürlich für Sie als Reichspräsident schwer
sein, sich zu einem Entschlüsse durchzuringen,
der im Widerspruch zu Ihrer Umgebung steht-
Herr v. Hindenburg, es gibt einen Wahl-
spruch, der uns Deutsche alles überwinden
läßt. -
Alles zum höheren Werte des deutsches
Volksgeistes, der Summe aller Deutschen, die
vor uns waren, die mit uns sind und die nach
,ms sei« werden.

eine sogenannte Altershilfe eingeführt, wo-
raus die Mitglieder beim 63. Lebensjahre und
einer bestimmten Anzahl Mitgliedsjahren
eins bestimmte monatliche Pension erhalten
sollen. Der DHV. kam damit , etwas früher
heraus als der GdA., und es wurde ihm von
diesem der Vorwurf des Bluffs gemacht. Die
geplante Einrichtung sei nur ein hergeholter
Grund, uni die Beiträge zu erhöhen. Drei
Monate später machte der GdA. dem DHL-
den „Bluff" nach, aber keinem Abgeordneten
des die Alstershilfe beschließenden Bundestages
und erst recht keinem Mitglieds draußen in
s den Ortsgruppen wurde gesagt, daß die Ge-
! Währung der Altershilfe von der Bedürftig-

Die kulturelle Sendung der
Gewerkschaften.

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von st'ranr: Z08ök sVeisrt

klvlsm MreiMsm
alle Keekl« bei kkittei--
skLnrjisebe Ot-esäen.
(2. Fortsetzung)
Im Ratskeller ging es hoch her. Trotz der
späten Nachtstunde klang Lachen und Singen
und Gläserklirren durch die halbgeöffneten
Fenster auf den oberen Markt. Der alte Nacht-
roächter der wegen Verstärkung der Orts-
polizei schon lange auf dem Aussterbeetat
stand, ging vorüber. Laut hallten seins schwe-
ren Schritte auf dem nächtlich stillen Markt
und, am plätschernden Brunnen vorüberge-
hend, nickte er und brummte:
„Na ja, der Herr Bürgermeister sitzt auch
mit drin im Ratskeller. Da kann auch die Po-
lizei nichts machen wegen dieser unerhörten
nächtlichen Ruhestörung!"
Und brummte noch lange, als er schon die
Waisenhausstraße durchschritten hatte und die
Nonnengasse hinunter nach der Schloßfreiheit
ging, seinen vorgeschriebenen nächtlichen Rund-
gang machend.
Dec Nachtwächter hatte richtig geraten. An
einem Tisch, an dem es am lautesten und lustig-
sten zuging, saß auch der Bürgermeister. Hinten
im Hinterzimmer, wo der Lärm der Gaststube
nur gedämpft heriiberklcmg, saßen zwei im
eifrigen Gespräch beisammen. Auch ihre Ge-
sichter waren gerötet, und eine ziemliche Zahl
von geleerten Rotweinflaschen auf ihrem Tisch

ließ erkennen, daß der Ratskellerpächter auch
an ihnen sein Geschäft machen würde.
Herr Johann George Elsner vertrug aller-
lei, und obwohl es seinem Partner, Herrn
Hermann, seinem Ritus nach eigentlich verbo-
ten war, mit einem Christen Wein zu trinken,
so übertrat er heute dieses Gebot doch einmal.
Was tut man nicht alles einem guten Geschäft
zuliebe?
„Reden Sie nicht, Heymann, Sie sind nicht
verheiratet! Was wissen Sie. wie schwer es
ist, einer Frau was auszureden, wenn sie sich
Las mal eingebildet hat! Und wenn sie erst
denkt, daß sie gerade das Gegenteil gern möch-
ten, dann ist es überhaupt aus. Eher können
Sie einem Schwachsinnigen höhere Mathema-
tik beibringen, als eine Frau überzeugen,
wenn sie nicht will!"
„Hm — wenn es allerdings jo steht, mein
bester Herr Elsner, dann allerdings, dann
müssen wir es eben lassen! Aber ich hatte ge-
dacht, Sie wären Herr im Hause!"
Damit hatte Heymann einen wundenPunkt
berührt. Denn trotz allem war Herr Johann
George Elsner sich klar — wenn er es auch
natürlich weder sich noch viel weniger anderen
gegenüber zugestehen wollte —. daß in seinem
Hause in Wirklichkeit Frau Lucie das Regi-
ment führte. Aber an seiner männlichen Ehre
angegriffen, verflieg er sich doch zu dem Aus-
ruf:
..Ich werde Ihnen zeigen, wer Herr im
Hause Elsner ist!"
Trotz der verschiedenen Flaschen Wein,
Lenen er bereits den Hals gebrochen hatte,
war ihm nicht ganz wohl bei dieser Rede.
Denn das dämmerte ihm doch, daß das noch
einen schweren Kampf kosten würde. Und so
suchte er denn nach einem Auswege, der es

ihm ermöglichte, den Verkauf des Erundstük-
kes Petersstraße 10 unter einem anderen Vor-
wande als unmöglich hinzustellen.
„Es ist eine dumme Geschichte", sagte er
nach einer Pause, in der er sich angelegentlich
mit dem Glase beschäftigt hatte. „Da hat
nämlich ein Bruder meiner Frau so eine Art
Vorkaufsrecht. Wissen Sie. so eine dumme
testamentarische Klausel, bei der sich der Erb-
lasser nichts weiter denkt, die aber den Erben
am Schluß die Freude an der Erbschaft schmä-
lert!"
„Ach was, Vorkaufsrecht! Wenn der Vet-
ter bei der Sachs ein paar Tausend Mark ver-
dient — was soll dem an der alten Bude lie-
gen! Das müssen Sie doch zugeben, wert ist
das Haus nicht Mehr viel! Ein alter Kasten,
der ein paar hundert Jahre auf dem Buckel
hat und bei dem eigentlich bloß noch die
Mauern gut sind. Das Dach ist ebenso repa-
raturbedürftig wie das Balkenwerk, Fenster-
und Türrahmen sind nichts mehr wert und
neue Dielen müßten auch wieder mal eingezo-
gen werden, denn auf denen, die heute drinne-
liegen, ist sicher schon der alte Vater August
herumgelaufen!"
Er lachte überlaut über den trübseligen
Witz.
„Ja, und dann", wendete aber Herr Els-
ner in einer letzten, schwachen Stimme ein,
„ich selber hatte eigentlich einmal schon daran
gedacht, dort ein Geschäft einzurichten. Wenn
meine Rosemarie mal heiratet — dem Mädel
paßt bloß keiner! — könnte man dort seinem
Schwiegersohn ein Geschäft einrichten, bis man
mal selber daran denkt, sich zur Ruhe zu
setzen."
„Sie und sich zur Ruhe setzen! Wo Sie
noch in den besten Jahren find! Unter 80 darf
gar niemand daran denken!" lachte Heymann,

und Herr Elsner strengte umsonst sein getrüb-
tes Gehirn an, weitere Gründe gegen den
Hausverkauf herauszufinden. Aber dämmrig,
wie ihm zu Mute war, war ihm schon lang«
das rechte Bewußtsein s abhanden gekommen,
warum cr sich denn eigentlich gegen den Haus-
verkauf sträubte. Frau Lucie hatte er -in
Augenblick gänzlich vergessen.
Sein Partner Heymann erkannte die
Schwäche seines Gegners sehr wohl, und ge-
schickt lenkte er das Gespräch auf andere Dinge,
erzählte ihm die tollsten Zicken, die ihm an-
geblich letzthin in Berliner Nachtlokalen pas-
siert sein sollten, schwatzte und schwadronierte,
daß Elsner überhaupt nicht mehr folgen
konnte
Heymann ging mit einem Scherzwort hin-
aus. Es war ganz unauffällig. Ebenso, daß
er, als er wieder hereinkam, einen Herrn mit-
brachte.
„Denken Sie an!" rief er lustig aus. „muß
ich da eben draußen meinen Geschäftsfreund
Goldstein treffen' Los, Goldstein! Hinsetzen
und trinken!"
Damit goß er dem Fremden ein und lustig
klangen die Gläser zusammen. Herr Goldstein
steckte voll von Schnurren und Witzen, und
bald war es drin im Nebenzimmer ebenso
laut wie draußen. Dis endlich Rudolf, del
Pächter des Ratskellers hereintrat und
freundlich die Polizeistunde ankündigte. Gleich
darauf ging er wieder hinaus, und Heymann
ries:
„Ja aber. Elsner, die Sache mit dein
Hausverkauf muß noch glatt gemacht werden,
hier — alles ist schon fertig!"
Damit legte er Elsner einen Brief hin,
und Goldstein reichte ihm bereitwillig^ seinen
Füllfederhalter.

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