Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 15.1904

DOI Artikel:
Fuchs, George: Die Einzelkünste und das moderne Kunstgewerbe, [1]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11377#0158

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
INNEN - DEKORATION.

ARCHITEKT ALBIN MULLER — MAGDEBURG.

Ausführung: Koptoxy L-Fabrik B. Harrass—Böhlen i. Thür.

Die Einzelkünste und das moderne Kunstgewerbe.

Es gibt zweierlei moderne Kunst. Ich habe in
früheren Ausführungen an einigen Beispielen
darzulegen versucht, dass die moderne Kunst
bis zur allerjüngsten Zeit sich in einer Richtung
entwickelt hat, die zwar zu einem bewunderungs-
würdigen Spezialistentum der Künstler führte, die
aber auch zugleich die Verbindung zwischen Künstler
und Volk, Kunst und Leben aufhob. Wir haben
aber auch an dem Beispiel der sogenannten Bieder-
meierzeit aus den zwanziger und dreissiger Jahren
des ig. Jahrhunderts gesehen, dass die Kunst nur
dann blüht und nur dann dem Volke beglückende
Gaben bringt, wenn sie sich nicht nur in der
Malerei und Bildhauerei entfaltet, sondern in allen
Dingen des Lebens.

Seither, das wissen wir alle, gab es bei uns
nur eine Kunst, eine wirkliche Kunst, für die Leute
mit gelehrter Bildung, für die sogenannten oberen
Zehntausend. Allein nicht einmal die kümmerten
sich alle um die Kunst. In Wirklichkeit waren es
nur ganz enge Kreise, die wirklich Freude und
Erhebung aus den Schöpfungen unserer Meister
geniessen durften. Die anderen, und leider auch die
vielen im werktätigen Leben stehenden Männer und
Frauen, die aufrichtig nach den wundervollen Offen-

barungen der Kunst verlangten, wurden geradezu
systematisch betrogen, von unbewusst aber auch von
bewusst schaffenden Talmikünstlern. Unmassen von
Bildern und Illustrationen, Figuren und Figürchen
gingen hinaus ins Volk, zogen in den Schaufenstern,
Ausstellungen und Zeitschriften die Blicke der
Neugierigen auf sich, die mit Kunst gar nichts zu
tun hatten. Es war wirklich ganz begreiflich, dass
durch diese populäre Sorte von Kunst der Geschmack
allgemein so verdorben wurde, dass man die Werke
der echten Künstler gar nicht mehr verstand. Es
gab nur wenige echte Künstler; und diese wenigen
hatten es alle fast ganz aufgegeben, sich an ihr
Volk zu wenden. Sie schufen ihre Bilder, ihre
Statuen, ihre Radierungen nur für Kennerkreise,
für Ausstellungen, für Museen. Die Vertreter des
älteren Sezessionismus erklärten und betätigten ihre
Kunst als Selbstzweck. Sie schalteten sogar die Per-
sönlichkeit als aktives, zusammenfassendes, gestalten-
des Element aus. Sie wollten nur »Impressionen«,
Eindrücke festhalten, wobei ihnen die Persönlichkeit
gewissermaßen nur als notwendiges Übel, eben als
Empfänger, Träger und Umschalter der Eindrücke
von Belang war. Wertunterschiede können also in
dieser Kunst-Richtung nur zum geringsten Teile
 
Annotationen