INNEN - DEKORATION.
Mein Urteil scheint herb, aber es scheint eben nur so.
In Wahrheit, wie viel geschmackvollen Bauten be-
gegnen wir denn in den Strassen unserer Städte?
Der oder jener Bau, ausserdem der ein Anrecht an
eine solche Benennung hat, wirkt wie eine Rosine
im Kuchenteig, die zufällig hineingekommen ist.
Eine reiche und prächtige Flucht von Bildern
kann das Innere des Hauses Bembe genannt werden.
Eine schöne Halle gibt den Ton an, der im eleganten
Treppenhause, in den einzelnen Räumen weiter-
schwingt, sich verstärkt. Überall und überall ge-
wahrt man die Hand eines denkenden, erlebenden,
seiner Aufgabe warm sich annehmenden Künstlers,
zudem scheint alles mühelos, leicht und plötzlich
hingestellt, angeordnet — aus einem Guss.
Der Damensalon zwingt zu besonderer Betrach-
tung. Es ist wohl denkbar, der Frau, »derjenigen,
in der Gott zumeist zu uns redet« eine Umgebung,
einen Rahmen zu formen. Leicht ist es aber keines-
wegs. Man läuft häufig Gefahr, zu kräftig, zu sanft,
zu süss, zu launisch, ja abenteuerlich zu werden.
Seidl blieb auch
hier — einfach. Mit
wenigen Mitteln
arbeitet er, und
doch, wie graziös
ist das Ganze!
Schöne Frauen-
Bildnisse, sie sind
ihm Schmuck.
Eine reizendeEcke
istseine Huldigung
der Frauenwelt
gegenüber. Galant
stellt er noch eine
Vase mit Blumen
auf, ordnet Vor-
hängchen an und
Teller. — Wir
könnten unsere
kleine Arbeit nun
leicht abschliessen.
Allein wir tun es
nicht ohne weiters,
da wir Emanuel
Seidls Stellung zu
modernen architek-
tonischen Fragen
wenigstens noch
streifen wollen. Er
verbeugt sich nicht
vor der heutigen
Kunstausübung,
die kein heimat-
PRüF. E. SEIDL—MÜNCHEN.
liches Kleid mehr trägt, sondern ein international-
allgemeines. Gewiss, man lerne und sollte von dem
Tausenderlei lernen, das Technik und Verkehr heute
jedem vermitteln, aber man sollte nicht selbst inter-
national arbeiten. Im Grunde müsse der Künstler
darauf achten, ein Eigener und eigenartig zu sein
— er selbst. Und dann die Lokalfarbe! Das
Münchnerische! Das Süddeutsche! Oder anders-
wo das andere. — Es wird wohl einen Zusammen-
hang haben, wenn ich jetzt, da ich dies schreibe,
an Dürer denken muss. Vielleicht erinnert mich
das Deutsche in Emanuel Seidls Wesen daran.
Noch eines Umstandes möchte ich Erwähnung
tun, der für den schaffenden Architekten von nicht
hoch genug anzuschlagender Bedeutung ist: die
Anteilnahme, das Hineinleben des Bauherrn in die
Absichten des Architekten bezw. auch die Wechsel-
wirkung zwischen beiden in umgekehrter Beziehung.
Gerade bei der Innen-Ausstattung seines Wohn-
hauses vermochte sein Besitzer, Carl Bembe, in
engster Fühlung mit den Intentionen Prof. Emanuel
Seidls seinem per-
sönlichen Ge-
schmacke einen
nicht unbedeuten-
den Einfluss zu
sichern und dem
Künstler dabei
doch die Freude
am Schaffen zu
erhalten. Solchem
Verstehen ent-
springen meist
köstliche Werke.
In dieser Zeitschrift
ist schon des öftern
auf den hohen Wert
eines solchen Zu-
sammenarbeitens
hingewiesen wor-
den, und es freut
uns umsom ehr, hier
einen so umfassen-
den Beleg dafür
bieten zu können,
weilBeispiele über-
zeugender wirken
als blosse Worte.
Nun sehen wir den
Erfolg in diesen
Leistungen, der
Künstler und Bau-
herrn ehrt.
MORIZ OTTO BARON
LASSER - MÜNCHEN.
Eingang der Galerie D. Heinemann—AJiinchen.
Mein Urteil scheint herb, aber es scheint eben nur so.
In Wahrheit, wie viel geschmackvollen Bauten be-
gegnen wir denn in den Strassen unserer Städte?
Der oder jener Bau, ausserdem der ein Anrecht an
eine solche Benennung hat, wirkt wie eine Rosine
im Kuchenteig, die zufällig hineingekommen ist.
Eine reiche und prächtige Flucht von Bildern
kann das Innere des Hauses Bembe genannt werden.
Eine schöne Halle gibt den Ton an, der im eleganten
Treppenhause, in den einzelnen Räumen weiter-
schwingt, sich verstärkt. Überall und überall ge-
wahrt man die Hand eines denkenden, erlebenden,
seiner Aufgabe warm sich annehmenden Künstlers,
zudem scheint alles mühelos, leicht und plötzlich
hingestellt, angeordnet — aus einem Guss.
Der Damensalon zwingt zu besonderer Betrach-
tung. Es ist wohl denkbar, der Frau, »derjenigen,
in der Gott zumeist zu uns redet« eine Umgebung,
einen Rahmen zu formen. Leicht ist es aber keines-
wegs. Man läuft häufig Gefahr, zu kräftig, zu sanft,
zu süss, zu launisch, ja abenteuerlich zu werden.
Seidl blieb auch
hier — einfach. Mit
wenigen Mitteln
arbeitet er, und
doch, wie graziös
ist das Ganze!
Schöne Frauen-
Bildnisse, sie sind
ihm Schmuck.
Eine reizendeEcke
istseine Huldigung
der Frauenwelt
gegenüber. Galant
stellt er noch eine
Vase mit Blumen
auf, ordnet Vor-
hängchen an und
Teller. — Wir
könnten unsere
kleine Arbeit nun
leicht abschliessen.
Allein wir tun es
nicht ohne weiters,
da wir Emanuel
Seidls Stellung zu
modernen architek-
tonischen Fragen
wenigstens noch
streifen wollen. Er
verbeugt sich nicht
vor der heutigen
Kunstausübung,
die kein heimat-
PRüF. E. SEIDL—MÜNCHEN.
liches Kleid mehr trägt, sondern ein international-
allgemeines. Gewiss, man lerne und sollte von dem
Tausenderlei lernen, das Technik und Verkehr heute
jedem vermitteln, aber man sollte nicht selbst inter-
national arbeiten. Im Grunde müsse der Künstler
darauf achten, ein Eigener und eigenartig zu sein
— er selbst. Und dann die Lokalfarbe! Das
Münchnerische! Das Süddeutsche! Oder anders-
wo das andere. — Es wird wohl einen Zusammen-
hang haben, wenn ich jetzt, da ich dies schreibe,
an Dürer denken muss. Vielleicht erinnert mich
das Deutsche in Emanuel Seidls Wesen daran.
Noch eines Umstandes möchte ich Erwähnung
tun, der für den schaffenden Architekten von nicht
hoch genug anzuschlagender Bedeutung ist: die
Anteilnahme, das Hineinleben des Bauherrn in die
Absichten des Architekten bezw. auch die Wechsel-
wirkung zwischen beiden in umgekehrter Beziehung.
Gerade bei der Innen-Ausstattung seines Wohn-
hauses vermochte sein Besitzer, Carl Bembe, in
engster Fühlung mit den Intentionen Prof. Emanuel
Seidls seinem per-
sönlichen Ge-
schmacke einen
nicht unbedeuten-
den Einfluss zu
sichern und dem
Künstler dabei
doch die Freude
am Schaffen zu
erhalten. Solchem
Verstehen ent-
springen meist
köstliche Werke.
In dieser Zeitschrift
ist schon des öftern
auf den hohen Wert
eines solchen Zu-
sammenarbeitens
hingewiesen wor-
den, und es freut
uns umsom ehr, hier
einen so umfassen-
den Beleg dafür
bieten zu können,
weilBeispiele über-
zeugender wirken
als blosse Worte.
Nun sehen wir den
Erfolg in diesen
Leistungen, der
Künstler und Bau-
herrn ehrt.
MORIZ OTTO BARON
LASSER - MÜNCHEN.
Eingang der Galerie D. Heinemann—AJiinchen.