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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Sörgel, Herman: Das neue Odeon-Kasino
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0016

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INNEN-DEKORATION

PROFESSOR EDUARD PFEIFFER — MÜNCHEN

HALLE IM ODEON-KAS1NO —MÜNCHEN

DAS NEUE ODEON-KASINO.

Die delikatesten Kultur-Erscheinungen entstehen immer
durch den Kontrast — ja sie setzen ihn voraus. Daß
in einem Zeitgemälde, dessen Hintergrund grau in grau
verläuft, ein raffiniertes Zitronengelb mit fanfarenhaft
eigenmutigem Rot sich wie Trompetenstoß hervordrängt,
daß mitten im niederdrückenden »Vaevictis!« ein Kichern
des Selbsterhaltungs-Triebes sich hören läßt, daß unser
Ruf: »Arbeiten und nicht verzagen!« plötzlich von einer
Neger-Tschinelle unterbrochen wird, die zum Schimmy
herausfordert — das ist gewiß genug an lebhaften und
selbst gellenden Kontrasten; aber es bindet sich im neuen
»Münchener Odeon-Kasino« zu einem von sprudelnder
Laune dirigierten Ganzen. Prof. Eduard Pfeiffer hat im
Verein mit Josef Wackerle den neuen Raum des Odeon-
Kasinos mit jugendlicher Leidenschaftlichkeit geschaffen.
Wer beim Hinansteigen aus dem elegant abgeklärten
Kasino-Saal Campbeils in die sonnige Halle Pfeiffers,
jene Mavia, die euphorische Berauschtheit echten Künst-
lertums, nicht unmittelbar empfindet, wer nicht den Duft
dieses eigenartigen Raumgeistes einatmet und nicht fast

willenlos in die Weite, die sich hier wie ein kleines
Zauberland auftut, geführt wird: aus dem ist der Geist
der Schwere nicht mehr zu vertreiben. Alle erdge-
bundene Materie löst sich in Licht und Farbe auf. . .

Trotz aller Lebensbejahung mischt sich Wackeries
Amoretten und koketten Stuck-Ornamenten bisweilen ein
feiner Zug sehnsüchtig romantischer Sentimentalität bei,
so besonders in dem großen Wandgemälde. Die olym-
pische Heiterkeit wird in einer Unterhaltungspause dann
wohl plötzlich von einem leisen Flüsterton, einem un-
aufdringlichen Gesicht unterbrochen, das die Gedanken
für einen Moment ins Metaphysische streifen läßt. So
wenn der Blick zufällig auf die blaugefaltete Frauen-
gestalt fällt, die von zartgegitterter Terrasse in die Ferne
sucht, oder wenn man auf dem unzugänglich scharfge-
kanteten Balkon heimliche Augen hinter Gardinen und
Fächergefalter vermuten muß . . Beschreiben läßt sich das
alles ebensowenig wie der Duft einer Blume, wie das
Scherzo eines Chopin, man kann sich ihm nur hingeben.
Aber noch nie wurde das Stil - Bewußtsein eines Be-
 
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