Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

DOI Artikel:
Schiebelhuth, Hans: "Das Himmelbett"
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0056

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
44

INNEN-DEKORATION

ARCH1T. JEAN KRAMER-BERLIN-SCHÖNEBERG

BLICK IN DAS SCHLAFZIMMER DER DAME

»DAS HIMMELBETT«

VON HANS SCHIEBELHUTH.

Als ich einmal in einem Himmelbett aufwachte, hatte
XA. ich eine Erinnerung an die allerälteste Zeit des
Menschen-Seins. Der Mensch war Nomade oder Wan-
derer und schlief, wo er gerade war, wie der Stromer
bei Mutter Grün, und er wachte auf unter Gottes freiem
Himmel, frisch und Schlummer - erquickt, kühlen Tau im
Haar, traumentbunden und rüstig für den jungen Tag.
Und seitdem werden mir alle Hypothetiker und Kunst-
historiker der Welt eine Theorie nicht ausreden können,
wonach das Himmelbett eine Symbol-Form ist, in der der
Mensch durch die Kulturen die Station seines ursprüng-
lichen Ruhelagers unterm Sterngewölb, das auf den
Säulen des Herkules ruht, in poetischer Darstellung mit-
nimmt, und wie die Könige der alten Zeit den Thron-
himmel über dem gekrönten Haupte hatten als Wahr-
zeichen ihres Gottesgnadentums, so hatte der Mensch
über seiner Schlummerstatt den Betthimmel gewölbt als
Denkbild der ihn immer behütenden Gotteskindschaft.
Wie lange ist es wohl her, daß wir Alleswisser von Men-
schen die einfachsten Beziehungen und den Sinn der alltäg-
lichsten Symbole vergessen haben? Heute ist das Himmel-

bett eine historische Angelegenheit, sagen die Allzuge-
scheiten, aber sie irren. So lang es Menschen gibt, die in
Gottes Hut unter dem Dache des Himmels schlafen, wird
das Himmelbett nicht verschwinden. Die alten Kulturen
haben es alle gekannt, in China und Indien ist es gewesen
und über den morgenländischen Diwanen ist immer noch
ein Geweb inFalten gebreitet, das wenn nicht den Himmel,
so doch eine liebe lichte Wolke darstellen soll, aus der der
goldne Gott des Schlummers herabsteigt. Und in der Ent-
wicklung der europäischenWohnkultur taucht das Himmel-
bett gleichfalls allenthalben auf, derLagerschreinderRitter-
zeit ists, das gotische Kastenbett, das breite Hochbett der
TirolerBauernstubenmitbarockgedrehtenSäulen,derHalb-
himmel über dem Kopfstück der Ruheladen im Empire . . .

*

Kaum hat es ein aufklärerisches Jahrhundert für eine
kleine Frist verdrängt, so taucht das Himmelbett wieder
auf in der Innenarchitektur und sein Einzug soll gepriesen
sein. Denn das Himmelbett ist nicht nur ein religiöses
Symbol, es ist auch eine ganz und gar poetische Sache, in
der tausend unverwüstliche Gefühlswerte versteckt sind.
 
Annotationen