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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Zschimmer, Eberhard: Der Sinn der Technik
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0170

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INNEN-DEKORATION

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ARCHITEKT LEO NACHTLICHT-BERLIN

BLICK INS ANKLE1DE-Z1MMER. HAUS DR. S.

DER SINN DER TECHNIK

Der Mensch ist »frei« würde heißen: Er kann, was er
will. Wir können von Natur aber erbärmlich wenig.
Wir sind ihr Sklave. Darum erfinden wir. Darum schaffen
wir »Technik«. . Der neuzeitliche Mensch will können,
was er will. Das ist der positive Begriff seiner »Freiheit«.

Technik im besonderen ist dieses Können, wenn es
sich erstreckt auf die »Tücke des Objekts«. Denn diese
besteht darin, daß die Unordnung der Naturkräfte und
Stoffe der Welt dem Willen Widerstand leistet bei der
Verwirklichung seiner Zwecke. Auf der niederen Stufe
stehen die Zwecke des Tieres: es will leben, sich erhalten,
ernähren, erwärmen, fortpflanzen usw. Auf der höheren
Stufe stehen die Zwecke des geistigen Willens: der Wille
zur Wahrheit, zur Schönheit, zum Guten — und der Wille
zur Freiheit. — Die wilden, ungeordneten Dinge und
Kräfte führt der Erfinder in eine zweckdienliche Ord-
nung über. Er organisiert sie so, daß aus Unfreiheit:
Freiheit wird, aus Ohnmacht: Macht, aus Unvermögen:
Können . . Betrachten wir nur das eine große Problem
der Technik, das unserer Zeit besonders den Stempel auf-
drückt: Die Überwindung des Raums, — Freiheit
im widerstrebenden Raum! In die Ferne Gehen, in die
Ferne Sehen und in die Ferne Hören sind nur Unter-
arten eines und desselben Könnens: der Freiheit über den
Raum überhaupt, errungen durch das Genie des Erfinders.

Heute gibt es Ingenieure, Menschen, die im Grunde
dasselbe zu ihrer Lebensaufgabe machen, was Gelehrte,
Forscher, Künstler wollen: Die Idee als selbständigen
überpersönlichen Zweck, als allgemeine schöpferische
Aufgabe und Menschheitsziel. — Dieses Vermögen des
Willens selbst, das Können, die Macht über die Natur,
dieses durch die Dinge vermittelte Organisiert-Sein
der Welt zu einer zweiten Natur, dieser in der Idee er-
strebte Welt zustand, den der Techniker hervorbringt,
ist kein bloßes »Mittel« mehr — wie das Werkzeug und
die Maschine, die ihn ermöglicht. Technik ist Geist.
Die schöpferische Tätigkeit des Erfinders nähert sich dem
schöpferischen Schaffen des Künstlers. Was die Natur
unbewußt hervorbringt im Organismus oder im organi-
schen Leben, das bringt der bewußte, nach Absicht und
Voraussicht schaffende Geist des Erfinders hervor durch
die Technik . . Technik beruht in der Lebensfreiheit und
diese in der Organisierung der Dinge und Kräfte der
Natur zu einer zweckdienlichen, dem Willen gefü-
gigen Welt. Das ist die Aufgabe und der Sinn derTech-
nik .. Keine Idee des Geistes hat für sich allein einen letz-
ten Sinn, sondern jede einzelne ist dienendes Glied jener
einen umspannenden Idee der Kultur. In Wahrheit
dienen alle Ideen, zusammengefaßt, nur dem Einen: dem
Organismus der Kulturwelt, dr. Eberhard zschjmmer.
 
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