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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Hofmannsthal, Hugo von: Mensch u. Gesellschaft
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Leonardo <da Vinci>: Arbeit und Leben
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0174

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INNEN-DEKORATION

architekt leo nachtlicht—berlin blick in die küche. haus dr. s.~grunewald

zellan und sagte, er sei Großvater der kleinen Hirtin;
aber das konnte er wohl nicht beweisen. Er behauptete,
daß er Gewalt über sie habe, und deshalb hatte er dem
Ziegenbocksbein-Oberunduntergeneralkriegskommandier-
Sergeanten, der um die kleine Hirtin freite, zugenickt . .
»Da erhältst Du einen Mann«, sagte der alte Chinese,
»einen Mann, der, wie ich fast glaube, von Mahagoni-
holz ist. Er kann Dich zur Ziegenbocksbein-Oberund-
untergeneralkriegskommandiersergeantin machen; er hat
den ganzen Schrank voll Silberzeug, ungerechnet, was
er in den geheimen Fächern hat!« . . »Ich will nicht in
den dunklen Schrank hinein!« sagte die kleine Hirtin.
»Ich habe sagen hören, daß er eilf Porzellanfrauen darin
hat!« . . »Dann kannst Du die zwölfte werden!« sagte
der Chinese. »Diese Nacht, sobald es in dem alten
Schrank knackt, sollt ihr Hochzeit halten, so wahr ich ein
Chinese bin!« darauf nickte er mit dem Kopfe und fiel

in Schlaf. . . . dib weitere Geschichte ist zu lesbn im märchbn: »die

hirtin und der schornsteinfeger« von hans christian andersen.



MENSCH U. GESELLSCHAFT

Der Mensch wird in der Welt nur das gewahr, was
schon in ihm liegt. Aber er braucht die Welt, um
gewahr zu werden, was in ihm liegt: dazu aber sind
Tätigkeit und Leiden nötig . . Die Welt will einen jeden
aus ihm selbst herausreißen und wieder zu ihm selbst
bringen. Jede neue bedeutende Bekanntsrhaft zerlegt
uns und setzt uns neu zusammen, hugo v. hofmannsthal.

ARBEIT UND LEBEN

Ein blankes Rasiermesser wurde einesTages ans Fenster
gelegt, so daß die Sonne sich in ihm spiegelte. Da
fühlte es sich in seinem Glänze und sprach in Gedanken
an sein Handwerk zu sich selber: »Nie will ich wieder
dahin zurück, woher ich kam! Mögen die Götter ver-
hüten, daß ich so erniedrigt werde. Welcher Wahnsinn,
die eingeseiften Stummelbärte dummer Bauern abzu-
schaben. Welche Sklavenarbeit! Ist dieser Leib dazu
geschaffen? Bei Gott, nein! Ich will mich zurückziehen,
verbergen und in Ruhe mein Leben verbringen«. Und
so tat es auch. . . Als es nun einige Zeit in seinem Ver-
steck zugebracht hatte, kehrte das Rasiermesser eines
Tages ans Licht zurück; aber wehe: wie eine verrostete,
alte Säge sah es aus, und die Sonne blitzte nicht mehr
auf der trüben Fläche. Vergebens war die Reue, nutzlos
die Klage. »Wieviel besser hätte ich getan«, sprach es,
»meine scharfe, nun verdorbene Schneide in andauern-
der Arbeit zu üben. Weh mir, der Rost hat meinen
Leib zerfressen« . . Ganz so, meine Lieben, wird es allen
gehen, die sich der nützlichen Arbeit entziehen! Sie
werden ihre scharfe Schneide verlieren und der Rost der
Verdummung wird ihre Form zerstören, lionardo da vinci.



Die Eitelkeit der Welt erkennen, ist nicht schwer;
denn die Erkenntnis drängt von allen Seiten her.
Doch nur die bessere Erkenntnis macht dich frei: daß in
der eitlen Welt dein Sein nicht eitel sei! . . rückert.
 
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