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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Jaumann, Anton: Entwerfer und Berater, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0190

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178

I NN EN-DEKOR ATION

ARCHITEKT F. FLEISCHMANN—MÜNCHEN

TOR-WAND IN DER WOHNDIELE. HAUS M.

stellten Gegenstandes nicht zu überwiegen, aber oft
ist es der Fall. Bei der Ausführung sieht dann der Fabri-
kant, daß die Blätter graphische Blender waren und daß
die Gegenstände von diesen Effekten nichts zeigen. Ge-
wiß gibt es Ausnahmen, bei denen die Ausführung nie
ärmer sein wird als der Entwurf, bei denen man das Be-
dürfnis spürt, ein gleiches Maß an graphischen Werten zu
geben als die Ausführung dann Materialwerte, Stimmungs-
reize, Unterstützung durch Licht und Raum haben wird.
Ganz allgemein kann aber gesagt werden, je mehr graphi-
sche Einsicht, je mehr künstlerisches Gefühl der Zeichner
hat, desto eher wird er Reize der Technik, des Materials,
der Stimmung, die er doch nicht wiedergeben kann, durch
graphische Wirkungen ersetzen und die freie Rücküber-
setzung dem Ausführenden überlassen. Während der
Handwerker in seinen Werkstatt-Entwürfen immer ge-
nau, abhängig vom Gegenstand bleiben wird.......

Der graphische Einfluß auf den zeichnerischen Ent-
wurf hat aber noch die weitere Folge, daß in sehr star-
kem Maße die Wandlungen der Stile und Kunst-Auffas-
sungen in Malerei und Graphik herüberspielen. Der
Zeichner kann als Künstler diesen Strömungen nicht in-
teresselos gegenüberstehen. Ich trete gewiß niemand zu
nahe, wenn ich sage, diese Zeichner verfolgen die Wand-
lungen in der freien Kunst viel aufmerksamer, als etwa
die technischen Neuerungen der Fächer, für die sie ent-
werfen. So wandelt sich auch ihre Darstellungsweise

sehr oft mit den Richtungen in der Malerei; die äußerliche
Folge davon ist dann das Auftreten neuer Formen und
Motive im Kunstgewerbe. Diese Erscheinungen entstam-
men nicht einer ureigenen Entwicklung des Kunstgewerbes,
sondern allein der Vermittler-Rolle, die der Zeichner zwi-
schen freier Kunst und Kunstgewerbe spielt. Wobei es
am Wesentlichen nichts ändert, wenn der Vorgang mit-
unter so war, daß ein Maler zum Kunstgewerbe überging
und Entwürfe für fremde oder die eigene Werkstatt
lieferte. Die Malerei befruchtete auch hier — auf dem
Weg über den Entwurf — das Kunstgewerbe.

Mag man diesen Weg nun glücklich finden oder
schelten, er hat fraglos dem Kunsthandwerk zahllose
Anregungen gebracht. Der Einfluß der Maler, der Gra-
phiker, der freien Kunst ist überhaupt aus der Geschichte
unseres Kunstgewerbes nicht wegzudenken, wenn auch
der Handwerker, der Nichts-als-Handwerker, über man-
che Begleit-Erscheinungen empört sein mag. Man mag
zugeben, daß durch den Zeichner, den Nichts-als-Zeichner
in die Entwürfe eine falsche Note, vor allem ein falsches
»Tempo« gekommen ist. Alles Handwerk geht bedächtig,
Schritt für Schritt vor, die Schwierigkeit und Langwierig-
keit der Entstehung — die wir dem fertigen Werk an-
sehen, trägt zur Wertschätzung ein gut Teil bei. Während
der Zeichner, im Vollgefühl seines Könnens und seiner
Fingerfertigkeit, naturgemäß zu rascher Arbeit neigt.
Mancher fürchtet, bei langsamer Ausarbeitung des Ent-
 
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