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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Aus alten Zeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0195

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INNEN-DEKORATION

183

' R. BRÜNING
DÜSSELDORF
ANKLEIDE -ZI M -
MER D. DAME

»AUS ALTEN ZEITEN«

Im 15. Jahrhundert wurde es Sitte, das mit Vorhängen
umgebene Prunk-Bett so zu stellen, daß zwischen seiner
Langseite und der Wand ein schmaler Raum blieb, der
mit einem Vorhang geschlossen wurde und von seiner
Gestalt den Namen »Ruelle«: Gäßchen erhielt. Hier
empfing die vornehme Dame ihren Besuch .. Im 16. Jahr-
hundert wurde diese »Ruelle« zu einem kleinen intimen
Gemach im Schlafraum erweitert. Es gab hier Fauteuils,
Sessel, Tabourets für die Gäste, die die Dame des Hauses
auf dem reich geschmückten Staatsbett liegend empfing
und bewirtete. Zur Zeit der »Precieuses« kamen Lite-
ratur, Wissenschaft, Dichtkunst auch in die »Ruelle«.
Im 17. Jahrhundert führte die Marquise von Rambouillet
den »Alkoven« ein. Auch hier stand ein Ruhebett, auf
dem die Dame liegend ihre Besuche empfing. Ausgestattet
wurde er mit Samt, Seide, Spitzen, Stickereien und Male-
reien. In dem Alkoven des 18. Jahrhunderts empfing die
Dame nicht mehr liegend, sondern sitzend. An Stelle des
Bettes trat nun das Kanapee, das Sofa, die Ottomane.

Madame de Conti führte zur Regence-Zeit die »Sou-
pers ä la clochette«, — Klingel-Soupers, — ein, bei
denen der Diener nur auf ein Klingel-Zeichen hin Zutritt
hatte, sonst aber während der Mahlzeit ausgeschlossen
war. Die Bedienung übernahm die Herrin des Hauses.
Man fühlte sich so von jeder lästigen Reserve befreit.

4

Linnenhemden waren in der ersten Hälfte des 15. Jahr-
hunderts merkwürdigerweise so selten und kostbar, daß
— wie man erzählt — eine deutsche Fürstin, Isabella
von Bayern, welche es bis auf zwei Hemden gebracht
hatte, sehr wegen dieser Verschwendung getadelt wurde.

*

Im 11. Jahrhundert heiratete ein Doge von Venedig
eine Griechin aus Konstantinopel. Diese trieb die von
ganz Venedig mißbilligte Üppigkeit soweit, daß sie sich
nicht mit gewöhnlichem, sondern mit Seifenwasser wusch,
und die Speisen nicht, wie damals üblich, mit den Fingern,
sondern mit zweizinkigen goldenen Gabeln in den Mund
steckte. Aber dieses Beispiel, Gabeln bei der Tafel zu
verwenden, fand noch lange Zeit keine Nachahmung, i. d.

1922 v 3
 
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