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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Lang, Hugo: Der freie Ausblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0201

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INNBN-DEKORATION 189

AUS »HOUSE & GARDEN« NEW-YORK

GARTEN-ANLAGE MIT PERGOLA UND BRUNNEN

DER FREIE AUSBLICK

Wie ein freier Ausblick auf ein besonntes Garten-
Gelände, — in dem Baum, Strauch und Staude im
Wandel der Jahreszeiten wächst, blüht und vergeht,
Brunnen und Bächlein rauschen, Wind weht, Sonne und
Gewölk wechselnd im Azur wandern, Vögel im Laub-
dach singen und Menschen auf mäandrisch verschlungenen,
hellen Wegen wandeln, ■— wie ein solcher Blick auf das
sonnige Bild des ewig melodisch bewegten Lebens den
Geist weitet und immer aufs neue erfrischt, so ist es dem
Menschen nötig und nützlich, aus der Enge seines All-
tags, seines Daseins, Schaffens und Denkens immer wieder
auszublicken »ins Freie«: aus der Umgrenzung seiner
vier Wände, der vielfachen Ummauerungen der eigenen
Gedanken und dem Gewirre der Anschauungen und
engen Interessen seiner nächsten, und weiteren Umgebung
zeitweise herauszutreten, frische Luft zu schöpfen, Über-
blick zu gewinnen über die Relativität all dieses Tuns,
aufzuatmen, aufzuleben aus der Erstarrung, — um wieder
frisch, beweglich und aufs neue schaffensfreudig zu werden.

Auch in unserer Einrichtungs-Kunst müssen
wir uns hüten, in allzu engem Kreise uns zu bewegen;
immer wieder müssen wir den »freien Ausblick« gewinnen,
um den Anschluß an das Leben nicht zu verlieren, um

nicht durch Sonder-Bestrebungen aller Art in »Inzucht«
und Isolierung zu verfallen . . . Viele neue Formungen
wurden im Verlauf der letzten Jahre geschaffen, in kristal-
linisch-zackiger Gestaltung verleibte sich mit Intensität
die Schärfe und Härte des Zeitgeistes, aber solche Son-
derformung ist nur Weg, nicht Ende, nicht Ziel. Nicht
Verkrampfung, Vereisung, sondern Natürlichkeit
bringt die Lösung . . Blättert man in amerikanischen
Zeitschriften, so spürt man den Gegensatz zu unserer
häufig etwas verkrampften Art. Dort ist alleinige Richt-
schnur: das Heim des weltmännischen, neuzeitlichen
Menschen zweckmäßig, bequem, freundlich und heiter zu
gestalten. Trachten auch wir, uns frei von allem Ab-
sonderlichen zu halten, (denken wir stets an den lehr-
reichen Gegensatz zwischen dem handlich-glatten Leder-
koffer und der gestickten Biedermeier-Reisetasche,) trach-
ten wir nach Raum-Gestaltungen und Möbel-Formungen,
die vorbildlich sind in der straffen Erfassung des We s e n t -
liehen, suchen wir nicht die »Sonder-Form«, sondern
die reinste Form, nicht nur den Ausdruck des jeweiligen
Zeitgeistes, sondern Formen, die sich zu aller Zeit
bewähren, suchen wir die Eleganz der Einfach-
heit und des Natürlichen! . . An die mahnenden
 
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