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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Lang, Hugo: Aus dem XVIII. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0321

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INNEN-DEKORÄTION

309

AUS DEM XVIII. JAHRHUNDERT

BAROCK, ROKOKO — BIS ZUM EMPIRE

Die Künstler des Rokoko malten die Seele der Ge-
sellschaft ihrerZeit, und diese »Seele« hießLiebe«, —
so urteilt Jakob von Falke, — »aber Liebe ohne Lei-
denschaft, ohne verzehrendes Feuer, ohne tragischen
Schluß. Diese Kunst wollte, — wie die Gesellschaft, —
nur das Heitere im Leben, und sie verwandelte alles
in ein lächelndes »Idyll«, — die Götter und Menschen,

sie selbst und ihr ganzes Tun und Treiben.«......

Die Marquise von Rambouillet, — die Urheberin des
modernen »Salons«, — wagte es zum erstenmale, einen
Salon blau zu dekorieren, — während bis dahin Rot und
Braun die allein herrschenden Farben waren .. Im Rokoko
verwandelte sich das Blau in Lichtblau, Goldgelb in
Schwefelgelb, von Rot bleibt nur noch Rosa, und auch
diese Töne werden verwaschen und verdünnt, bis sie in
Hellgrau oder Weiß übergehen; Silber tritt immer häufiger
an Stelle von Gold . . »Blaßblau, Leichtrot, Leichtgrün,
Halbgelb, Halbgrün, — Bastardfarben,« spottete schon
zuvor der boshafte und geistvolle Kritiker Moscherosch,
— »weil sie alle halbehrliche Gemüter haben!« . . . .

In grotesk-launigen Einfällen sich hemmungslos aus-
strömend, brachte der berühmte Ornamentiker und seit
1679 Hofzeichner Ludwigs XIV., Jean Berain, ein
Lothringer, die Uberleitung der Ornamentik des Barocks
zum Rokoko. Er ist vor allem verantwortlich für die,
schon früher von dem sonst so schönheitsdurstigen Raffael

eingeführten, — grotesken Panneau-Dekorationen, für
die geflügelten Hermen mit Guirlanden, Sphinxe mit
Blumenvasen auf dem Kopfe, Faune, Bacchantinnen, Ne-
reiden, Vögel, Affen, Delphine, Schlangen, Drachen,
Höllenhunde, Götter und Musen, kokett und nachlässig
gekleidet, Harlekins und Masken, Löwenköpfe, Mädchen-
köpfe mit Halskrausen, die Baldachine, Schabracken,
Draperien, Borten und Quasten, die Friese- und Kamin-
Dekorationen, die Pflanzenmotive und Blumenkelche, —
die musikalischen Embleme, dieWaffen-und Jagdtrophäen,
dazu ein Rahmenwerk aus Bändern und Blattformen, so-
genannte »Blumenbeet-Linien«, in Wand, Decke, Möbel
und Teppich, — eine Umbildung des antiken Mäanders,
— die weich geschwungenen, bauchigen Formen der
Möbel und Gefäße . . Der Hofzeichner Meissonnier
steigerte dann, nach 1730, in dieser Richtung die Orna-
mentik des Rokoko- bezw. »Rocaille-Stils« bis zur
Grenze des Möglichen. Da kommen dann die Asymme-
trien, die tanzenden Spiegelrahmen, die bewegt schwan-
kenden Tischbeine, die Knorpel-Rinden, Wülste mit kra-
terförmigen Löchern und Flammen, Felsgrotten und Was-
serkaskaden, Gitterwerk, Akanthus, Schilf und Palme,
Endivie, Sellerie, Lattich und das andere »Gemüse«,
Vogel- und Fledermaus-Flügel, Fischflossen, Spiral- und
Stachelmuscheln, Tropfstein- und Eiszacken.. Der Augs-
burger Ornamentiker J. E. Nilson verwandelte dann
 
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