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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 33.1922

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Schröder, Rudolf Alexander: Die "Zweckform" und der Künstler
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https://doi.org/10.11588/diglit.10456#0392

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380

INNEN-DEKORATION

RUD. ALEX.
SCHRÖDER
LAMPE IN
DER HALLE

DIE »ZWECKFORM« UND DER KÜNSTLER

VON RUDOLF ALEXANDER SCHRÖDER

Seit reichlich zwei Jahrzehnten gehen die Begriffe:
»Zweckform«, »materialgerecht«, in gewissen Krei-
sen flott von Mund zu Mund, von Hand zu Hand . . Im
Vertrauen gesagt: ich möchte, einige jener Schriftge-
lehrten, die in diesen Kreisen immer das Gleiche predigen,
fänden sich einmal veranlaßt, für eine Weile sich in das
ihnen zunächst gelegene Kunstgewerbe-Museum zurück-
zuziehen, um dort mit einer ausgiebigen und nachdenk-
lichen Betrachtung der aufgestellten Überbleibsel aus
den als »klassisch« anerkannten Zeitläuften des Kunst-
handwerks sich zu beschäftigen! Vielleicht würde dem
einen oder dem andern bei dieser Gelegenheit sich doch
die Frage aufdrängen: was denn eigentlich das geschwun-
gene Bein des Rokoko-Schemels, die Elfenbein-, Zinn-
oder gar Schildkrot-Einlage des Barock-Möbels oder die
gewaltige, geschnitzte Wulst des Renaissance-Schrankes
mit »Zweckform« und »Materialgerechtheit« zu tun
haben? . Es ist in der Tat zu beklagen, daß man die

Geisteskräfte, die man auf Theoreme über so simple
Gegenstände wie Stühle, Tische und Bänke verschwen-
det, nicht an fruchtbarere Probleme gewandt hat! . .

Man nehme nur einmal das Sprach-Ungeheuer der
»Zweckform« unter die Lupe, und man wird selbst bei
geringem Nachdenken bemerken, daß die Begriffe der
buchstäblichen »Zweckmäßigkeit« und des eigentlich
»Kunstgemäßen« an sich fundamentale Gegensätze sind,
und daß demnach ihre Verbindung in den Gegenständen
des Kunstgewerbes sozusagen eine mechanische, nicht
eine chemischeist. Denn: »Zweck« will Gebunden-
heit, »Kunst« wenigstens den Schein der Freiheit.
Sie will denn auch, wo sie sich eines Gebrauchs-Gegen-
standes oder einer Verrichtung bemächtigt, geradezu,
daß man über der »Form« des »Zweckes« vergesse, — so
paradox das vielleicht auch heutigen Ohren klingen mag!
»Zweckform« der Beinbewegung ist z. B. das Gehen,
ihre völlig »zweckwidrige« Kunstform hingegen der
 
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