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Neumann, Carl: Zu Arnold Böcklins siebzigstem Geburtstag
DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0016
Zn Arnold Böcklins siebcnzigiieni Gcburtslaq.
6
Sieh, es lacht die Au!
Beine in die Luft. Abgenagtes menschliches Gebein liegt auf dem Boden. Das fächerförmige Schwanzgcfieder
der vom Rücken gesehenen Gestalt ist unbezahlbar.
Diese Ursprünglichkeit im Auffassen konventionell gewordener Gestalten verläßt den Künstler auch dann
nicht, wo es sich um Geschichten und Kompositionen handelt, die unendlichemale vor ihm dargestellt worden sind.
Was ist öfter gemalt worden als die Geburt des Heilands
und die drei Könige? Böcklin verläßt die Gleise der Tradition.
Sein Christkindlein liegt, von einem Lichtdampf um-
zischt, auf dem Stroh. Man meint fast, es brennt; aber das
Stroh scheint unversehrt. Das kleine Engelbübchen steckt
hastig die Finger, als habe es sie am Feuer verfehlt, in
den Mund. Man fühlt sofort, irgend etwas ganz Wunder-
bares muß sich in diesem Stall begeben haben; das ist kein
Neugeborenes wie andere. Darüber ist in einem niederen
Aufsatz der Zug der drei Könige gemalt. Man hat Mühe,
die Silhuetten der Reiter in dem Dunkel der Nacht zu ge-
wahren. Die Reiter würden auch über Stock und Stein
den Weg nicht finden, wenn nicht der Stern wäre. Die
heiligen drei Könige mit ihrem Stern! Die alten Bilder
zeigen uns einen schönen goldigen Stern am Himmel, der-
gleichen wir ihn auf die Spitze des Weihnachtsbaumes
pflanzen, aus schönem Goldpapier. Auf dem Bild von
Böcklin ist der Stern der einzige Helle Punkt; er ist wie
ein Komet mit einem prächtigen Schweif. Das schönste aber
sind die Häuser von Betlehem. Sie stehen dicht gedrängt
und wie miteinander flüsternd. Auf die flachen Dächer fällt
der zarte Widerschein des Gestirns, ein leises nächtliches Duo
zwischen Himmel und Erde.
Das ist Böcklin. So, im herrlichen Vollbesitz seiner
künstlerischen Kräfte, möge er fortfahren, uns zu beglücken,
<§uell in der Felsschlucht. Arnold Böcklin pinx. ack centUM UNN08!
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Sieh, es lacht die Au!
Beine in die Luft. Abgenagtes menschliches Gebein liegt auf dem Boden. Das fächerförmige Schwanzgcfieder
der vom Rücken gesehenen Gestalt ist unbezahlbar.
Diese Ursprünglichkeit im Auffassen konventionell gewordener Gestalten verläßt den Künstler auch dann
nicht, wo es sich um Geschichten und Kompositionen handelt, die unendlichemale vor ihm dargestellt worden sind.
Was ist öfter gemalt worden als die Geburt des Heilands
und die drei Könige? Böcklin verläßt die Gleise der Tradition.
Sein Christkindlein liegt, von einem Lichtdampf um-
zischt, auf dem Stroh. Man meint fast, es brennt; aber das
Stroh scheint unversehrt. Das kleine Engelbübchen steckt
hastig die Finger, als habe es sie am Feuer verfehlt, in
den Mund. Man fühlt sofort, irgend etwas ganz Wunder-
bares muß sich in diesem Stall begeben haben; das ist kein
Neugeborenes wie andere. Darüber ist in einem niederen
Aufsatz der Zug der drei Könige gemalt. Man hat Mühe,
die Silhuetten der Reiter in dem Dunkel der Nacht zu ge-
wahren. Die Reiter würden auch über Stock und Stein
den Weg nicht finden, wenn nicht der Stern wäre. Die
heiligen drei Könige mit ihrem Stern! Die alten Bilder
zeigen uns einen schönen goldigen Stern am Himmel, der-
gleichen wir ihn auf die Spitze des Weihnachtsbaumes
pflanzen, aus schönem Goldpapier. Auf dem Bild von
Böcklin ist der Stern der einzige Helle Punkt; er ist wie
ein Komet mit einem prächtigen Schweif. Das schönste aber
sind die Häuser von Betlehem. Sie stehen dicht gedrängt
und wie miteinander flüsternd. Auf die flachen Dächer fällt
der zarte Widerschein des Gestirns, ein leises nächtliches Duo
zwischen Himmel und Erde.
Das ist Böcklin. So, im herrlichen Vollbesitz seiner
künstlerischen Kräfte, möge er fortfahren, uns zu beglücken,
<§uell in der Felsschlucht. Arnold Böcklin pinx. ack centUM UNN08!