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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Meyerheim, Paul Friedrich: Berliner Atelier-Skizzen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0077

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Berliner Atelier-Skizze».




auszuweisen. Dem feinempfundenen Porträt dieser an-
mutsvollen Erscheinung auf der 85 er Berliner Aus-
stellung dankt Koner seine ersten Lorbeeren. Seitdem ist
Koner Schritt für Schritt vorwärts gewandelt — und
ans der damaligen Schülerin ist eine Meisterin im
doppelten Sinne geworden: die Gattin des Künstlers,
welche zugleich zu den ersten und beschäftigten Berliner
Malerinnen zählt.

Aber noch heut hängt
jenes Bild als schöncs
Erinnerungszeichen
ersten Aufblühens an
der Wand des kostbar
ausgcstatteten Koner-
schcn Ateliers in der
Bellevuestraße. Hier
in diesem Raum hat
so ziemlich alles
Modell gesessen, was
Berlin an aristokra-
tischen, geistigen und
Finanzgrößen besitzt.

Seine große Popu-
larität verdankt Koner
wohl seinen verschie-
denen Kaiserbildern.

Porträts des Herrn
von Levetzow, des
Fürsten von Lich-
nowsky und einer An-
zahl mehr oder weni-
ger besternter Per-
sönlichkeiten, die das
Atelier stets aufweist,
führen uns in den
Kreis der Geburts-
aristokratieein, wäh-
rend das in seiner
nachlässig geistreichen
Haltung ungemein
sprechende Porträt
des Bankdirektors
Siemens das Binde-
glied zwischen Geld-
und Geistesaristokra-
tie bildet. Nebenan
hängt das Porträt
des kürzlich verstor-
benen Curtius, bald

Eigentum der Bildnis des Malers

Nationalgalerie, in Dt-O Brau,'ewett er.

schlichter und doch

energischer Weise den idealen Gelehrten schildernd, „das
Land der Griechen mit der Seele suchend".

So hat Koner seit zwölf Jahren uns alljährlich die
hervorragendsten Träger des Berliner Kulturlebens ge-
schildert. Den Anfang dieser Reihe eröffnet das lebens-
volle Porträt unseres Ludwig Pietsch (85). Aus den
zahlreichen anderen Werken verdienen besonders eine ganze
Reihe von Künstlerporträts Erwähnung. Das zum
80. Geburtstag Menzels gemalte Porträt desselben,
die Bildnisse von Kamele, Werner, Bracht und
Brausewetter. Zumal die beiden letzteren in einer ge-

schickten Technik von Gouache und Pastell verdienen als
Kunstwerke den ersten Preis. Ungemein interessant sind
zwei kleine Aquarellporträts aus denselben Jahren, das der
Frau von Lührsen und des Baumeisters Wolffensteiu,
letzteres mit der ganzen Lebendigkeit eines ersten flotten Er-
fassens des Wesentlichen der Persönlichkeit hcruutergemalt.
So ist Koner im letzten Jahrzehnt das für Berlin

geworden, was Bon-
nat seiner Zeit für
Paris war — von
kulturgeschichtlich
gültiger Bedeutung
für uns. Auch hierin
ist er Bonnat ähnlich,
daß er sein Haupt-
gewicht uns zum
Glück auf charakte-
ristische Wiedergabe
der Person durch-
accentuierte zeichne-
rische Modellierung
sucht, und lieber
malerische Reize
opfert — denn —
„Volk und Knecht
und Ueberwinder
Sie gestehen zn jeder
Zeit,

Höchstes Glück der
Erdenkinder
Ist stets — die Per-
sönlichkeit".

Henriette Mendelsohn.

Aphorismen.

Künstler! Dich selbst
zu adeln,

Mußt du bescheiden
prahlen.

Laß dich heute loben,
morgen tadeln,

Und — immer bezahlen.

Goethe.

Stirbt mancher Dichter, der im Leben
Nie einen Vers herausgegcben.

5o mancher Maler ruht im Schrein,

Der tauchte keinen Pinsel ein.

Und andre reimten dicke Bände,
verzierten malend ganze Wände,

Doch, ach, das Beste hat gefehlt:

Kein Künstlergeist hat sie beseelt!

A. Stier.

Was Künstlerverstaud
Und Meisterhand
Zu schwierig fand,

Das löset spielend der Dilettant. A. Siier.

Der Eine hat seine
Theorie,

Sie taugt zu seinem
Gebühren.

Den Andern hat die
Theorie,

Die frißt ihn mit Haut
und Haaren.

A. Milbrandt.
 
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