Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

DOI article:
Die Fresken von Carl Gehrts in der Düsseldorfer Kunsthalle
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0090

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Das Treppenhaus der Aunsthalle zu Düsseldorf.

Die Fresken von Larl Gehrts in der Düsseldorfer Munsthalle.

ie Vollendung der Wandgemälde, welche Carl
Gehrts im Aufträge der preußischen Regierung
im Treppenhause der Kunsthalle gemalt hat, ist ein be-
deutsames Ereignis im Düsseldorfer Kunstleben. Mit
Spannung wurde der Tag erwartet, an dem diese Fresken
der Oeffentlichkeit übergeben werden sollten. Man hatte
sich viel versprochen von dem Werke, an dem der aus
einem langen, heißen Wettbewerb siegreich als zur Aus-
führung erkorene Künstler, außer längeren Vorarbeiten,
sieben Jahre geschaffen. Der allgemeine Eindruck
bei der vor einiger Zeit erfolgten Uebergabe der Fresken
durch den Vertreter der Staatsregierung, Regierungs-
Präsident von Rheinbaben, an die Stadt war der, daß
die hochgespannten Erwartungen durch das fertige Werk
noch übertroffen seien. Die Düsseldorfer Kunsthalle be-
sitzt in diesen, in reiner Freskomalerei ausgeführten Wand-
gemälden von Carl Gehrts einen Schmuck von hohem
künstlerischen Werte, der eine starke und bleibende An-
ziehungskraft auf alle Kunstfreunde ausüben wird. Die
Gesamtwirkung des Treppenhauses mit den Bildern und
der vom Künstler angeordneten, zum Teil selbst ausge-
führten, dekorativen Ausschmückung ist vornehm, von
größter harmonischer Schönheit. Die Bilder stellen in sech-
zehn Lünetten und sechs größeren Wandgemälden die Schick-
sale der Kunst im Wechsel der Zeiten dar. In den Lünetten-
bildern schildert Carl Gehrts in geistreicher und fein-
sinniger Weise die Schicksale der Kunst in märchenhafter
Erzählung. Wir sehen zuerst, wie ein Engel den Genius,
ein kleines geflügeltes Wesen, vom Himmel herab zu den
Menschen führt, die ihn staunend, aber freudig empfangen.

Dann verfolgen wir das weitere Schicksal des vom Himmel
herabgekommenen Wesens, wie es in strenger Zucht, in
harter Arbeit, sich zu höheren Zielen durcharbeiten muß.
In Aegypten kniet die Gestalt vor einer Granitsäule des
Pharao, diese schleifend und polierend. Auch in Assyrien
winkt ihr noch kein besseres Los; sie muß hier im Dienste
der gewaltthätigen Herrscher Frohndienste verrichten. Erst
in Griechenland findet sie liebevolle Aufnahme. Hier
schafft sie Tempel für die Götter, angefüllt mit Kunst-
werken von vollendeter Schönheit, und das für alles Schöne
und Erhabene empfängliche Volk der Hellenen erkennt
ihren ganzen Wert und huldigt ihr. Aber mit dem poli-
tischen Verfall Griechenlands sinkt auch ihr Stern; sie
wird von den Römern in die Gefangenschaft geschleppt
und Barbaren schaffen die herrlichen Kunstwerke auf ihre
Schiffe. In Rom sinkt die Kunst zu einer Dienerin des
Luxus herab, sie muß die Prachtliebe der Großen und
Reichen befriedigen. Das glänzende Rom der Cäsaren-
zeit ist nicht die Welt hoher Ideale. Aber auch diese
Kultur geht zu Grunde. Die stolze Siebenhügelstadt
wird zerstört, und wir sehen die Kunst, auf der Höhe des
Palatins sitzend, die Ruinen der stolzen Roma zu ihren
Füßen mit Trauer betrachten. Eines der lieblichsten der
Lünetten-Bilder ist das folgende, das die Kunst in Lumpen
gehüllt, verschmäht und verachtet am Wege darstellt; da
kommt die heilige Familie des Wegs daher und das Christ-
kind hebt voll Mitleid die arme Verschmähte zu sich empor.
Die Wiederbelebung der Kunst durch das Christentum ist
in diesem und den nächsten Bildern sinnreich und poetisch
dargestellt. Auch hier ist der Weg der Kunst bis zur

Die Kunst für Alle XIII, 5. 1. Dezember 1897.

9
 
Annotationen