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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Vollmar, H.: Peter Janssen
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0273

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214

Peter Janssen.

Gerade als Janssen dies malerische Epos in seinen Grundzügen vollendet hatte, wurde ihm der
Auftrag, die Aula der Universität Marburg mit Gemälden zu schmücken, welche die Ereignisse verkörpern
sollten, die für Marburg und mit ihm für Deutschlands Geschichte bedeutsam waren. Auch hier galt es wieder,
den gegebenen Raum zu künstlerisch einheitlichen Wirkungen abzustimmen und Janssen mit seinem erprobten
Dispositionstalent, mit seiner gründlichen Kenntnis aller Geistesströmungen der Weltgeschichte, bewies in seinem
ersten Entwurf von neuem, daß er der rechte Mann sei, um deutsche Historienmalerei an bedeutsamer
Stelle lebenskräftig in die Erscheinung zu rufen. Für die lichtarme Fensterwand projektierte er Darstellungen,
welche die lokale Sage von Otto dem Schütz zum Motiv haben. An der Südseite aber, deren Mitte das
Rednerpult einnimmt, beginnt der Cyklus mit der, eine ganze Kulturepoche scharf beleuchtenden Darstellung
„Die heilige Elisabeth in ihrem Spital mit Konrad von Marburg, ihrem Beichtvater." Wie der fanatische
Priester die liebevollen Magddienste, welche jene fromme thüringische Fürstin den Elendesten und Aermsten
thut, mit der Geißel an dem zarten Körper straft — das ist ein Stück Kirchengeschichte in Farben und Formen,
welches überzeugender wirkt, als hundert wortreiche Behandlungen des Themas. Das folgende Gemälde
führt in den Burghof der Stadt, „Kaiser Friedrich II. entläßt nach Preußen ziehende Ritter des deutschen Ordens."
Morgenstimmung lagert über den für die Kolonisierung des Ostens bestimmten reisigen Mannen, deren Führer,
Hermann von Salza, von dem jugendlichen Kaiser mit Handschlag huldvoll entlassen wird. Unter der
wallenden Reichsfahne spricht der Ritter sein Gelübde und seine Leute schwingen bekräftigend den Speer und
halten das Banner der heiligen Elisabeth hoch. Die satten und doch gedämpften Farben, welche Janssen
für dieses Gemälde anwandte, sind von besonders glücklicher Symbolik und jede einzelne Gestalt im Marbnrger
Burghof ist dem Leben abgelauscht, von Kostümfiguren ist in jenen Darstellungen nichts zu spüren. An
der breiten, den Fenstern gegenüberliegenden Westwand, werden drei Gemälde ihren Platz finden, deren
erstes, „Sophie von Brabant zeigt den Hessen ihren Sohn Heinrich", noch dem dreizehnten Jahrhundert ent-
stammt, während die beiden anderen: „Der Einzug der Reformatoren" und „Die Schlacht von Lausten" dem
sechzehnten Jahrhundert angehören. Die Nordwand mit den Gemälden „Die Dominikaner verlassen das zur
Universität umgewandelte Kloster" und dem für die Musenstadt denkwürdigen Tage des Jahres 1723, als der
Gelehrte Wolf festlich eingeholt wurde, schließen die Folge der Wandgemälde ab, an denen Janssen zur Zeit
rüstig in seiner Düsseldorfer Werkstatt arbeitet. Von den fertigen Bildern sehen unsere Leser als drittes, den
Einzug der Herzogin Sophie von Brabant, welche ihren Sohn Heinrich dem Hessenvolke zeigt; fahnenschwenkend
und jubelnd begrüßen ihn Marburgs Einwohner. — Ein Vergleich mit Adolf Menzels Bilde, welches den
gleichen Gegenstand behandelt, liegt nahe, er fällt zu Gunsten des rheinischen Künstlers aus, welcher dies
Kommen des nachmaligen ersten Landgrafen von Hessen viel menschlicher aussaßt, als es der jugendliche Menzel
im Jahre 1848 that, der die ganze Begebenheit mit einem Zeremoniell umkleidete, welches sie zu
einer Staatsaktion stempelt, die den Beschauer von Menzels Schöpfung,
die leider nur im Karton vorhanden ist, recht kühl läßt.

Janssens ernste Einkehr in das deutsche Volkstum,
seine poetisch unbefangene Auffassung des wirklichen Lebens,
verbunden mit Begeisterung und Er-
kenntnis für historische Größe,
haben ihn zu einem der
wenigen zeitgenössischen
Gcschichtsmaler werden
lassen, deren
Kompositionen
dem Laien ohne
lehrhafte Er-
klärungen ver-
ständlich sind
und sein in auf-
steigender Linie
sich bewegendes
Schaffen giebt
die beste Ver-
heißung, daß
ihm stets das
künstlerisch Bc-

?chlvebende GkHaniden. von s?eter Janssen sl82ö). deutsamehöher

Teil aus dem Bilde „Prometheus und die Mkeaniden". Wandgemälde in der k. National-Galerie zu Berlin. als die histori-
 
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