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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Kerschensteiner, Josef: Das Modellstudium des Tiermalers
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0292

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von Josef Uerschensteiner.


u? aIdstudi e.


Tieres einen reizvollen Klang zu einem Ganzen bieten.
Nie das Tier allein malen, immer die Gesamtstimmung!
So kann uns das Stoffinteresse nimmer schaden und ob
wir Schase, Kühe, Hunde oder Pferde, Tiger, Löwen
oder Elefanten darstellen, niemand kann uns dann mehr
zu den Zoologen, Hippologen oder Kynologen rechnen.

Unsere Arbeit ist öfter als die eines anderen Künst-
lers vor die Forderung einer „priwa vista Manier" ge-
stellt. Die gute lebendige Skizze erheischt mit wenigen
Mitteln rasch den Ton der Stimmung mit dem Charakter
der Form zu vereinen.

Bei einer größeren, weiter durchzuführenden Studie
empfiehlt es sich, sowie anhaltende Unruhe des Tieres
oder die Veränderung der Beleuchtung jeglichen Fleiß ab-
schneidet, sofort die Leinwand stehen zu lassen und mit
der Fortsetzung zu warten bis zu dem Tage, an dem
Stellung des Modells und Lichtwirkung wiederum genau
so sind, wie das vorige Mal. Vielleicht ist das morgen

schon so. — Eine „Primaskizze" die wegen ebensolcher un-
abänderlicher Störungen in sich nicht abgeschlossen werden
konnte, läßt man wohl am besten wie sie ist, ohne jemals
weiter an ihr zu machen und sucht sie baldigst durch eine
zweite, dritte oder vierte fertigere zu überbieten.

Beim Zeichnen in Blei oder Kohle rc. braucht die
Beleuchtungsfrage durchaus nicht immer mitzuspielen.
Hier können ebenso Ueberschneidungen und Verkürzungen der
Formen, sonstige charakteristische Linienerscheinungen oder
Details fesseln. Mit den einfachsten Mitteln alles zu er-
reichen, bleibt auch hier wie beim Malen stets das Schönste.

Bewegungsstudien kann nur der Reifere unternehmen
und die Benützung der Momentphotographie führt irre.

Das umfangreiche Thema, das an der Spitze dieses
Aufsätzchens angezeigt ist, zu erschöpfen, davon kann hier
nicht die Rede sein. Möge in vorliegenden kurzen Worten
der Leser einen kleinen Einblick jedoch erhalten in ein
ihm fremdes und schweres Studium.
 
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