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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Die XXVII. Hauptversammlung der "Verbindung für historische Kunst"
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0413

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Die XXVII. Hauptversammlung der „Verbindung für Historische Kunst".

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fanden die Beratungen vor den einzelnen Werken statt und
in den Zwischenzeiten vereinigten sich die beteiligten Herren
zu geselligen Zusammenkünften, bei denen der oft sehr
lebhafte Gegensatz der künstlerischen Anschauungen in ver-
söhnlichster Weise ausgeglichen wurde.

Den Vorsitz der Versammlungen führte, wie seit Jahren,
Or. H. H. Meier fr. aus Bremen, der in Kunstkreisen
besonders durch seine ausgezeichnete Sammlung moderner
Radierungen bekannt geworden ist. Der Geschäftsführer
ist der ehemalige Direktor der Berliner National-Galerie,
Geheimrat Max Jordan. Beauftragt mit der Vertretung
des bayerischen Ministeriums, der Münchener Künstler-
genossenschaft und des Münchener Kunstvereins waren
die Professoren v. Lenbach, Holmberg, Wagner, Heim
und Petersen. Aus Berlin waren erschienen Geheimrat
Erich Müller als Vertreter des preußischen Kultus-
ministeriums und vr. Georg Voß. Das Museum zu
Stuttgart war durch Professor Stier, das Museum zu
Magdeburg durch vr. Volbehr, die Stadt Erfurt durch
Baurat Kortüm, der Großherzog von Oldenburg durch
Baron von Friesen, der Herzog von Anhalt durch Hofrat
Kulpe, die deutsche Kunstgenossenschaft zu Wien durch
Professor Franz Simm in München vertreten. Auch
eine größere Anzahl der verschiedenen deutschen Kunst-
vereine hatte ihre Deputierten entsendet, so daß hier die
künstlerischen Anschauungen aus allen Teilen unseres
Vaterlandes zum Ausdruck kommen konnten. Den leb-
haftesten Anteil an den Debatten nahm namentlich Pro-
fessor von Lenbach, dessen eingehende Kritiken einzelner
Bilder von der Versammlung mit Aufmerksamkeit ver-
folgt wurden.

Unter den angekauften Werken befinden sich einige sehr
beachtenswerte Arbeiten, so namentlich die köstliche große
Komposition von Oberländer „Noahs Weinschenke". Von
demselben Geist des Humors durchweht wie seine Zeich-
nungen zu den „Fliegenden Blättern" ist dies Bild sowohl
durch den Reichtum der Figuren, wie durch die Größe des
Maßstabes bis jetzt Wohl das Hauptwerk seines Lebens.
Die fröhliche Laune des Künstlers mag in den farblosen
Zeichnungen sonst vielleicht zuweilen noch zwangloser zum
Ausdruck gekommen sein. Doch auch in dieser sorgfältigen
farbigen Durchführung offenbart uns Oberländer manche
reizvollen Züge seines Schaffens. Beschlossen wurde ferner
der Ankauf folgender Werke: A. Deusser-Düsseldorf
„Joachimke, Joachimke, hüte dich, fangen wir dich, dann
hangen wir dich", eine Reiterscene aus der brandenburgi-
scheu Geschichte; Petersen-München „Seeschlacht aus der
Geschichte Danzigs"; Röchling, „Scene aus dem Kriege des
Jahres 1870"; Friedrich Keller-Stuttgart, „die Grab-
legung Christi"; Hermann Koch-München, „Begräbnis
einer Klosterfrau bei den Benediktincrinnen auf Frauen-
chiemsee; Ferdinand Leeke-München, „Kampfscene auf
einer Brücke beim Rückzuge des Germanicus"; Walter
Firle, „die heilige Familie". Johannes Leonhardt-
München, „ Sirene" ;ChristianSpeye r-München, „ Heim-
kehr". Ferner wurde beschlossen, Fritz August von Kaul-
bach aufzufordern, eine seiner im Glaspalast ausgestellten
Skizzen für Wanddekorationen im Aufträge der Verbindung
im großen Maßstabe auszuführeu. Obwohl der „Verbindung
für historische Kunst" die Erwerbung einiger ganz besonders
hervorragender Werke zu wünschen gewesen wäre, so läßt
sich nicht verkennen, daß die getroffene Auswahl von ge-
läuterterem Urteil als in manchem der letzten Jahre zeugt.

Aus den Verhandlungen ist ferner die Mitteilung
hervorzuheben, daß der Vorstand Max Klingers Ra-
dierungs-Werk „Vom Tode" erworben hat. Jedes Mit-
glied wird ein vollständiges Exemplar des gefeierten Cyklus
erhalten. Derselbe hat bereits jetzt im Kunsthandel einen
Preis von 900 M., so daß die Mitglieder*) auf diese
Weise besonders vorteilhaft in den Besitz des Werkes
gelangt sind. Als Ort der nächsten Zusammenkunft der
Verbindung wurde die Stadt Barmen bestimmt.

Um die gastliche Aufnahme der Versammlung hat
sich unser Münchener Kunstverein, sowie die „Allotria"
ein sehr dankenswertes Verdienst erworben. Auch Pro-
fessor v. Lenbach hatte die Versammlung zu sich geladen,
um den fremden Gästen seine Villa und sein Atelier zu
zeigen, das gerade jetzt wieder, trotz der Lenbach-Kollektion
im Glaspalast, mit einer Anzahl ausgezeichneter Werke
von der Hand des Künstlers gefüllt ist. — Möge es der oft
bewährten Gastfreundschaft der Stadt München gelingen,
eine mit so reichen Mitteln für Kunstankäufe ausgestattete
Versammlung recht bald wieder in unseren Mauern zu
begrüßen. Denn gerade in München wird sich durch die
großen regelmäßigen Jahresausstcllungen im Glaspalast
und in der Secession jederzeit die reichste Auswahl von
hervorragenden Werken der deutschen Kunst der Gegenwart
beisammen finden. G. v. M.

*) Der Jahresbeitrag zur Verbindung beträgt löO M>,
Anmeldungen sind zu richten an den Schriftführer A. Klee,
Sekretär der National-Galerie zu Berlin.
 
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