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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Relling, J.: Die große Berliner Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0433

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von vr. I. Relling.

den Kadetten des betreffenden Jahrgangs gewiß ein geschätztes
Erinnerungsstück werden. Paul Meyerheim ist in der
gewohnten Weise da. Das weibliche Bildnis von Max
Koner ist bemerkenswert unliebenswürdig, die Hcrrcn-
bildnisse sind gewiß voll Kraft, aber nicht so lockend und
nicht so mit Laune gearbeitet, wie die früherer Jahre,
etwa das von Professor Brauscwetter. Ein wirklich
gutes Damenporträt ist auf der Ausstellung, das von
Karl Ziegler in Grün und Braun. Fr. Skarbina
ist in seinen beiden Bildern leider ungleich, das größere,
„Der Schnitter", will mir weniger gefallen, „Der Abend
im Dorf" ist aber wieder sehr fein gestimmt. Max
Liebermanns „Junge holländische Mädchen in der
Allee spazierend" ist große Kunst und das Bild fällt
darum so seltsam in der Ausstellung auf. In der andern
Richtung fällt dann Nathanael Sichels „Madonna"
ans. Ich weiß nicht recht, ist diese Madonna ein anti-
semitischer Scherz oder eine philoscmitische Ueberheblichkcit.

(Der Schluß im nächsten Heft.)

Rose „zeit. Fr. Stahl piax.

Berliner 2<unstnusstcllung 1898.

in früheren Jahren über Berliner Ausstellungen geschrieben
habe. Aber ich will doch kein Belami sein und so muß
ich den raschen Gang durch die Ausstellung aufs neue
selbst versuchen.

Jeder, der berufen oder unberufen über die Aus-
stellung sich äußert, lobt eins: daß so wenig Kunstwerke
ausgenommen wurden. Einige Säle blieben ganz ge-
schlossen. Man hätte noch weniger geben können. Daß
die Jury mit Gerechtigkeit ihres Amtes gewaltet hat,
kann man ohne weiteres annehmen. Die Vorstellung,
wie das aussehen muß, was von dieser Ausstellung zurück-
gewiesen wurde, kann einen
mit blassem Entsetzen füllen.

Ich suche in Berlin zuerst
die Berliner. Denn hier sind
sie am verständlichsten. Die
meisten sind da. An Anton
von Werners Bildern geht
man nicht leicht vorüber.

Eins seiner Bilder hängt, wie
herkömmlich, im Ehrensaal:

„Kaiser Wilhelm der Große
aus dem Sterbelager". Nicht
ohne Bewegung wird jeder
das Bild betrachten, dem die
schmerzlichen Märztage des
Jahres 1888 noch in Er-
innerung stehen. Ueber den
Bismarck und den Moltke
dieses Bildes kommt man
freilich nicht leicht hinweg.

An bevorzugter Stelle des
nächsten Saales hängt das
zweite Bild Anton von
Werners: „Kaiser Wilhelm
der Große vom Besuch des
Lichterfelder Kadettenhauses
heimkehrend". Eine Nach-
bildung des Gemäldes wird

Aphorismen, s-

Lchte Kunst entzieht der Kritik das lvort.

Die Brille, durch die der Spießbürger das Schöne sieht,
ist durch den Gebrauch von Generationen getrübt.

Die Kunst säet, das Talent erntet.

Je näher inan dem Ideal kommt, um so realistischer
werden seine Züge.

Der Mangel an Kunstverständnis im Publikum ist für
viele Künstler ein Glück.
 
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