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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 13.1897-1898

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Relling, J.: Die große Berliner Kunstausstellung, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.12047#0449

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Die große Berliner Kunstausstellung. Von Vr. I. Relling.

Erfolg hatte. Meinem Geschmack, der aber irregeleitet
sein kann, liegt sie, wie die übrigen ähnlichen Bilder
Habermanns, nicht bequem. Wer malen kann, ich kann's
natürlich nicht, wird an der Art, wie z. B. die Aermel
der Herodias gegeben sind, mäkeln dürfen. Die dunkle,
jetzt aber schon düstere Färbung war Haberniann immer
zu eigen. Sie scheint, bei jedem Künstler freilich in
anderer Bewertung, jetzt in München herrschender Brauch
zu werden. Sie findet sich bei Benno Becker, bei
Hierl-Deronco, auch (im Truthahnbild) bei Hubert
v. Heyden. Dessen köstliche Schweine sind aber in der
alten frischen Helligkeit, Fröhlichkeit und Derbheit. Den
Heydenschen Schweinen benachbart hängt ein Bauernbild
von Ernst OPPler, das den früher von Whistler eng
eingehegten erfreulich selbständig zeigt. Ich fand hier
noch Landschaften von Toni Stadler, den in Berlin
je gesehen zu haben, ich mich nicht erinnere. Feine,
behagliche Bildchen, von den alten Holländern etwas
bestimmt, aber nicht nur dieser Erinnerung wegen hübsch
anzusehen. Otto Reiniger, den ich auf jeder Aus-
stellung gleich zuerst suche, ist in drei Bildern diesmal
leider wenig bemerkenswert. Eugen Kirchner, von
den Fliegenden Blättern her berühmt, hat ein launiges
Temperabild „Sommerfest" ausgestellt. Es ist auch
witzig in den Farben, aber nicht bloß ergötzlich, sondern
auch künstlerisch eins der besten Bilder auf der ganzen
Ausstellung. So urteilte einer unserer besten Berliner
Maler (der auf der Ausstellung selbst nicht vertreten ist),
den ich zufällig vor dem Bilde traf und ich spreche ihm
gern nach.

Von den wenigen ausländischen Künstlern, die sich
diesmal eingefunden haben, stelle ich den Genfer Fer-
dinand Hodler an die Spitze. Sein starkes Bild
„Die Nacht" kam im vorigen Jahr in München in
einem schmalen Saal so glücklich zur Geltung. Hier

Nach Mitternacht. Josef Block pinx.

Berliner Kunstausstellung 1(898.

hängt es
weit ungün-
stiger, so daß
man Einzel-
heiten sehen
muß und das
verträgt das
Bild nicht.

Aber als
Ganzes mich
wenigstens
zu begeister-
tem Lob ver-
lockend.

Frank
Brangwyn
hat zwei
seiner seltsam
gefärbten
Bilder ein-
geschickt, die
hier leider die
Anerkennung
nicht finden,
die ihnen zu-
kommt. Vom
faden Rob.

Fowler sind

überflüssiger Weise gleich vier seiner zuckerschleimigen
Bilder da. Nur ein italienisches Bild schien mir be-
merkenswert. Die Landschaft von Pietro Fragiacomo
in gelben und braunen Tönen, bei aller Weichheit so
energisch. Dem belgischen Bildhauer Vau der Etappen
wurden für eine umfangreiche Vorführung seiner Arbeiten
besondere Räume gestellt. Von Dresden her war manches
bekannt und damals hier gewürdigt worden. Im male-
rischen Stil erscheint er nicht so anziehend wie Meunier.
Die deutsche Plastik wird gut eigentlich nur durch Josef
Floßmann vertreten. Der in seiner Einfachheit wirkende
Beethoven, der finstere Kopf in die griechische Stele
etwas versenkt, wurde im vorigen Jahr in München
schon viel bewundert. Die Bronzebüste ist vielleicht noch
höher einzuschätzen.

Auch dem Kunstgewerbe hat man auf dieser Aus-
stellung wieder einige Eckchen eingeräumt. Die Arbeiten
von Otto Eckmann oder nach Entwürfen von ihm
ausgeführt, sind darunter besonders zu rühmen. Eckmanu
ist kurze Zeit erst in Berlin, berufen und sicher auch
geeignet, das, was man kunstgewerbliche Bewegung
nennt, in verständige und neue Wege zu leiten. Auch
diese frische Kraft kam uns von München und, es fällt
mir eben ein, auch was ich in dieser Ausstellung mir
aufgepickt habe, ist meist in München entstanden. Mir
fehlt die Ueberschätzung, mein Urteil für wichtig und das
anderer bestimmend zu halten. Aber ich weiß doch auch,
daß meine Meinung von solchen, an deren Zustimmung
mir liegen muß, vielfach geteilt wird. Und darum mußte
es auch diesmal wieder beim alten Lied bleiben, das ich
so oft schon gesungen habe. Jahr für Jahr muß ich
mir Mühe geben, einen andern Text zu finden. Aber
die Melodie, nach der ich hier den Text vorsinge, die
bleibt alljährlich die gleiche.

Grab re lief. Stanislaus Gauer pinx.

Berliner Kunstausstellung (898.
 
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